Ökostrommarkt strittig
Wer Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne und Wind erzeugt, kann diesen bisher zu einem festen, staatlich festgelegten Preis an die Netzbetreiber liefern. Die Differenz zum Marktpreis wird aus der EEG-Umlage beglichen. Die EEG-Novelle 2012 schuf zudem die Möglichkeit, Ökostrom am Strommarkt zu Marktpreisen zu verkaufen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fördert diese Direktvermarktung mit einer Marktprämie. Zweiter Teil der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zur EEG-Reform.
Mittlerweile wird bereits rund die Hälfte des Ökostroms direkt vermarktet. Das sagten mehrere Sachverständige bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am 02.06.2014 zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts (18/1304). Dem Gesetzentwurf zufolge soll bis 2017 ganz auf Direktvermarktung umgestellt werden. Die Höhe der Marktprämie solle über Ausschreibungen ermittelt werden. Diese beiden Punkte waren in der Anhörung heftig umstritten. Es wurde deutlich, dass die Auswirkung beider Maßnahmen schwer vorherzusehen ist.
Die Leipziger Strombörse (EEX) begrüßt die von der Bundesregierung mit der EEG-Novelle geplante Direktvermarktung des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen ausdrücklich. „Mit Blick auf die im Gesetzentwurf gewählten Instrumente sind wir der Meinung, dass vor allem die verpflichtende Direktvermarktung und die beabsichtigte wettbewerbliche Ermittlung der Förderhöhe mittels Ausschreibungen positiv zu bewerten sind“, erklärte die Strombörse in ihrer Stellungnahme für die Anhörung. „Um unnötige Belastungen der Verbraucher zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Vergütungssätze so hoch wie nötig und gleichzeitig so niedrig wie möglich sind, sollten diese in einem regelmäßigen wettbewerblichen Verfahren ermittelt werden“, begründet die Strombörse ihre Haltung. EEX-Vorstandschef Peter Reitz plädierte allerdings für eine leistungsbasierte Marktprämie, die sich danach richtet, wie viel Strom der Erzeuger liefern kann und nicht (arbeitsbasiert) danach, wie viel tatsächlich abgenommen wird.
Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßt den Umstieg auf eine verpflichtende Direktvermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien. Sie müsse aber so ausgestaltet werden, dass man aus einer regionalen EEG-Anlage direkt mit EEG-Strom beliefert werden kann. Wer heute die Energiewende direkt durch den Bezug von Ökostrom fördern wolle, müsse in der Regel Strom aus ausländischen Anlagen beziehen, „also gerade nicht aus Anlagen, die im Rahmen der Energiewende errichtet werden“. Bei einer Direktvermarktung ließen sich Mehrerlöse erzielen, was zur Senkung der EEG-Umlage beitragen könne. Außerdem fordern die kommunalen Unternehmen eine „zügige Einführung des Ausschreibungsmodells“. Der vorliegende Gesetzentwurf stelle aber für Kleinerzeuger keine praktikable Lösung vor, kritisierte Michael Wübbels, Leiter der Abteilung Energiewirtschaft beim VKU. Wübbels schlug vor, bei Ausschreibungen „eine Größen-Untergrenze zu setzen und Kleinerzeugern den letzten bei einer Auktion ermittelten Preis, eventuell mit einem kleinen Zuschlag, zu zahlen“. Außerdem empfahl er, verschiedene Ausschreibungsmodelle zu testen.
Ähnlich äußerte sich Hildegard Müller, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Bei richtiger Ausgestaltung könnten Ausschreibungen die Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien erhöhen. Die Schwierigkeit sei, ein Konstrukt zu finden, das „keine bestehenden Akteure vom Markt verdrängt“. Die vorgesehene Frist bis 2017 für die Umstellung befand Müller für viel zu kurz. Detlef Raphael vom Deutschen Städtetag als Vertreter der Kommunalen Spitzenverbände plädierte dafür, das Ausschreibungssystem breiter auszutesten als nur, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, mit einem Pilotmodell für nur eine Technologie. Daniel Hölder vom Bundesverband Bioenergie empfahl, eine Verordnungsermächtigung in den Gesetzentwurf aufzunehmen, so dass die Bundesregierung die Ausschreibungsregeln im Lichte der Erfahrungen mit Pilotprojekten regeln könne. Damit werde „die Tür offen gelassen“ für sinnvolle Lösungen.
Folgt: Leprich: Direktvermarktung treibt Preise