Im Einzelnen begründet der WBGU seine Empfehlungen wie folgt:
- Die Berücksichtigung ökologischer Grenzen in Form planetarischer Leitplanken ist Voraussetzung für Armutsbekämpfung und Entwicklung. Planetarische Leitplanken sind quantitativ definierbare Schadensgrenzen, deren Überschreitung heute oder in Zukunft intolerable Folgen mit sich brächte, so dass auch großer Nutzen in anderen Bereichen diese Schäden nicht ausgleichen könnte. Wenn Leitplanken überschritten werden, zum Beispiel durch den Verlust fruchtbarer Böden, können bisherige Erfolge der Armutsbekämpfung zunichte gemacht werden. Auch die weltweit aufstrebenden Mittel- und Oberschichten, also die wohlhabendsten 3 Mrd. Menschen, würden in ihrer Entwicklung gebremst werden, etwa durch Extremwetterereignisse.
- Die Berücksichtigung planetarischer Leitplanken bedeutet keine Begrenzung für die zukünftige Entwicklung der ärmsten 2 Milliarden Menschen, die mit weniger als 2 US-$ täglich auskommen müssen. Vielmehr wird Entwicklung auf Dauer nur innerhalb der planetarischen Grenzen möglich sein, weil etwa Ernährungssicherheit ohne Erhalt der Böden nicht möglich ist. Darüber hinaus können die Grundbedürfnisse menschlicher Entwicklung, wie etwa Zugang zu Nahrung und Energie, ohne eine Verletzung von Leitplanken erreicht werden.
- Konsumentscheidungen und Lebensstile der Mittel- und Oberschichten tragen am stärksten zur Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen bei, etwa durch deren hohen Ressourcenverbrauch oder [[CO2]]-Ausstoß pro Kopf-. Gleichzeitig haben diese Gruppen aber den besten Zugang zu nachhaltigen Technologien. Damit obliegt ihnen die Verantwortung, Vorreiter für den Schutz des Erdsystems zu werden und Raum für eine nachhaltige Entwicklung der armen Bevölkerungsgruppen zu schaffen. Bereits der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Michael Spence wies darauf hin, dass das bestehende Wachstumsmuster nicht global übertragbar ist. Hier ist die Politik gefordert, passende Voraussetzungen für nachhaltige Produktions- und Konsummuster zu schaffen. Ordnungsrecht sollte in Form von Ge- und Verboten den Rahmen zur Einhaltung von Leitplanken setzen und marktwirtschaftliche Instrumente die dazu förderlichen Anreize. Konsumenten und Produzenten benötigen zudem ausreichend Informationen zur Beurteilung des eigenen Handelns. Gleichzeitig sollten tägliche Konsumentscheidungen, etwa durch Aufklärungskampagnen und Bildungsprogramme, stärker problematisiert werden, damit individuelles Handeln die politische Gestaltung unterstützt.
- Planetarische Leitplanken verdeutlichen die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit. Globale Gemeinschaftsgüter wie die Atmosphäre lassen sich nicht durch unilaterale Maßnahmen schützen. Eine Kooperation der internationalen Staatengemeinschaft zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen zu forcieren, ist somit eine der großen Menschheitsherausforderungen des 21. Jahrhunderts. Das vom WBGU empfohlene Umweltziel kann bei der Entwicklung von Institutionen zum Schutz des Erdsystems einen wichtigen Beitrag leisten.
Im September beginnen die zwischenstaatlichen Verhandlungen zu den nachhaltigen Entwicklungszielen, die im Herbst 2015 von der UN-Generalversammlung verabschiedet werden sollen.
-Quelle: wbgu.de; wbgu.de/politikpapier-8-2014