Umweltministerin Royal will neue Technologien fördern – Bogen um Atom
Frankreich hat ein Energiewende-Gesetz, doch die Atomkraft wird vorerst kaum angetastet, lediglich eine Obergrenze für die Produktion von Atomstrom soll es geben. Energetische Gebäudesanierungen sollen steuerlich begünstigt und sieben Millionen neuer E-Mobil-Ladestationen gebaut werden. Die Regierung will gegen den Klimawandel und die Abhängigkeit von Energie-Importen aktiv werden: Umweltministerin Ségolène Royal brachte den Gesetzentwurf im Kabinett ein.
In dem neuen Gesetz steht zwar das Wahlkampfversprechen Staatspräsident Hollandes, bis 2015 die Atomkraft von derzeit 75 Prozent auf 50 Prozent zu verringern. Aber anders als ursprünglich erwartet wird ein Recht des Staates, Atomreaktoren stillzulegen, nicht festgeschrieben. Ebenso fehlt die bis Ende 2016 zugesagte Schließung des Kernkraftwerks Fessenheim. Festgeschrieben wird als Kapazitätsobergrenze lediglich der heutige Stand: 63 GW.
Frankreich will bis 2050 eine Energieeffizienz von 50 Prozent erreichen, also nur noch die Hälfte der Energie von heute verbrauchen. Di Ministeirn sagte nach der Sitzung, ihr Gesetz fördere „neue Technologien, saubere Transportmittel und Energie-Effizienz und damit die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen“. Sie wolle „Vereinfachungen“ für Unternehmen durchsetzen, um 100.000 Arbeitsplätze in Branchen der Energiewende zu schaffen.
Monatelang war das Gesetzesprojekt – laut Präsident François Hollande „eines der wichtigsten“ seiner fünfjährigen Amtszeit – mit allen Stakeholdern diskutiert worden, bevor es jetzt ins Parlament kommt. Die Kosten der französischen Energiewende werden von Experten auf 15 bis 30 Milliarden Euro pro Jahr beziffert, vom Nutzen z. B. der erneuerbaren Energien war allerdings wenig zu hören.
Mit Hunderten Millionen Euro soll der Ausbau erneuerbarer Energien gefördert werden: durch einen Fonds mit 400 Millionen, 100 Millionen stehen speziell für die Förderung von Biogasanlagen bereit. 2030 soll bereits 32 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen stammen – 2012 waren es erst 14 Prozent. Fossile Energieträger sollen bis 2030 um 30 Prozent abnehmen.
Keine klare Vision der Regierung – surrealistisch
Einen „epochemachenden Durchbruch“ verspreche die Regierung dank ihrer neuen Energiepolitik, so der Deutschlandfunk. Ein Urteil, dem sich allerdings im Land „kaum einer“ anschließe. Fast zeitgleich mit der Präsentation des Gesetzesprojekts der sozialistischen Regierung stellte nämlich die konservative UDI eine umfangreiche Resolution für die kommenden Parlamentsdebatten vor. Mitgearbeitet hat daran auch die ehemalige Ministerin für nachhaltige Entwicklung unter dem konservativen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, Chantal Jouanno: „Das Gesetzesprojekt ist keinesfalls auf der Höhe der aktuellen Herausforderungen. Ob es nun um den Ausbau der Erneuerbaren Energien oder die Senkung der Treibhausgase geht. Solange der Text nicht klar Öko-Steuern vorgibt, ist es mehr oder minder ausgeschlossen, unser derzeitiges Energiemodell umzukrempeln. Insgesamt wird zwar manche notwendige Anpassung versprochen, aber das reicht nicht aus, um die Ziele Frankreichs umzusetzen.“
Die CLER (Réseau pour la transition énergétique), ein landesweites Netzwerk von Experten im Bereich Erneuerbare Energien, sei von den Plänen ebenfalls wenig begeistert: „Es fehlt an Zielen, um Frankreich zum Vorreiter im Umweltbereich zu machen.“ Und Greenpeace Frankreich meint, die Energiepolitik im Land werde ganz offensichtlich von der EDF gemacht, von dem ehemals öffentlichen Energieproduzenten, der weiterhin mehrheitlich in Staatshand ist, und fragt: Transition énergétique, quelle transition énergétique?. Enttäuscht ist auch Charlotte Mijeon, Sprecherin der Anti-AKW-Bewegung Sortir du Nucléaire: „Das hat etwas Surrealistisches. Das Gesetzesprojekt quillt über vor lauter Details wie beispielsweise zum Elektroauto. Aber es enthält kein einziges Wort zur konkreten Vision der Regierung, wie der Anteil der Kernkraft an der Stromproduktion gesenkt werden soll. Ob sie Meiler schließen will oder nicht.“
->Quelle: zeit.de/news; deutschlandfunk.de