CO2-Emissionsgrenzwerte als zielführendes Instrument in Erwägung ziehen
Zu diesen flankierenden Maßnahmen könnten auch CO2-Emissiongrenzwerte gehören, die das IASS genauer untersucht hat. Das Ziel einer Einführung von CO2-Emissionsgrenzwerten für Kraftwerke ist die kurz- und mittelfristige Verminderung der CO2-Emissionen der deutschen Stromerzeugung. Emissionsgrenzwerte können Investitionen in emissionsintensive Neu- und Bestandsanlagen verhindern und so einer Verfestigung der bestehenden Kraftwerksstruktur mit potentiell negativer Rückwirkung auf die Klimapolitik vorbeugen. Zusätzlich können Emissionsgrenzwerte die CO2-Emissionen von Bestandskraftwerken beschränken. Intelligent ausgestaltete Emissionsgrenzwerte erlauben eine graduelle Verminderung der Stromerzeugung aus Kohle. „Sie können dazu beitragen einen Kohlekonsens – eine Übereinkunft zwischen den entscheidenden Akteursgruppen über eine kohärente Übergangsstrategie für den Kohlesektor – zu erreichen“, sagt Klaus Töpfer.
Töpfer: „Wenn der Markt es nicht richtet, muss man andere Instrumente in Erwägung ziehen. Dass das wie Manna vom Himmel fällt, kann man nicht erwarten. Wir müssen über CO2-Grenzwerte nachdenken.“
Szenariorahmen der Übertragungsnetzbetreiber setzt weiterhin auf Braunkohle
Den Handlungsbedarf verdeutlicht auch der Szenariorahmen 2025, den die Übertragungsnetzbetreiber und die Bundesnetzagentur jüngst als Grundlage der Netzentwicklungsplanung für die kommenden zwei Jahrzehnte vorgelegt haben. Im Gegensatz zu früheren Versionen geht die aktuelle Version von weniger umweltfreundlichen Erdgaskraftwerken aus; dafür sind zwei neue Braunkohlekraftwerke vorgesehen. „Der für 2025 vorgelegte Szenariorahmen der Übertragungsnetzbetreiber macht deutlich, wie wichtig die Diskussion um die klimapolitischen Maßnahmen der Bundesregierung ist“, sagt Christian von Hirschhausen, Forschungsdirektor am DIW Berlin.
Solarify meint: Warum nicht viel weiter gehen? Warum nicht schlicht und einfach jede produzierte Kilowattstunde, ob Strom, Wärme oder PS, mit einem – allmählich sinkenden – Grenzwert versehen? Wäre es nicht sinnvoll, mit 400 Gramm CO2 zu beginnen, und diesen Wert jährlich um 25 Gramm abzusenken? Das oft gehörte Gegenargument namens „Carbon Leakage“ – das Ausweichen CO2-intensiver Produktion in Länder mit niedrigeren Standards – zieht übrigens nicht. Töpfer berichtete Analoges: Weder bei den SO2-, noch bei den NOx-Grenzwerten sei die damals bereits geäußerte Befürchtung eingetreten.
Claudia Kemfert (Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am DIW Berlin): „Die festgelegten nationalen CO2-Ziele sind mit dem Betrieb von Kohlekraftwerken kaum noch zu erreichen, weil bei der Kohleverbrennung sehr hohe Mengen an Treibhausgasen entstehen. Um die Emissionen zu senken, müsste in Deutschland vor allem in den Bereichen Verkehr und Wärme sehr viel mehr gemacht werden. Wenn man das nicht schafft, werden die Klimaziele schwer zu erreichen sein.“
Klaus Töpfer (Exekutivdirektor des IASS Potsdam): „Durch die ausbleibende Verringerung der CO2-Emissionen der letzten Jahre, für die neben witterungsbedingten Einflüssen die Zunahme der Kohleverstromung verantwortlich war, wird sowohl die Akzeptanz der Energiewende im Inland als auch der internationale Vorbildcharakter der Energiewende gefährdet. Kurz- und mittelfristige Erfolge bei der Minderung der CO2-Emissionen sind deshalb wichtig und für das Erreichen der deutschen Klimaziele für 2020 unerlässlich. CO2-Emissionsgrenzwerte für Kraftwerke sollten daher als zielführendes Instrument in Erwägung gezogen werden.“
Christian von Hirschhausen (Forschungsdirektor am DIW Berlin): „Berechnungen des DIW Berlin sowie andere Fachexpertisen belegen, dass speziell die Braunkohle auf längere Sicht keinen Platz mehr im deutschen Energiesystem hat. Sollten die Preise für CO2-Zertifikate im europäischen Emissionshandelssystem aber auf absehbare Zeit nicht erheblich steigen, ist ein marktgetriebener Übergang von Kohle zu weniger CO2-intensiven Energieträgern wie Erdgas nicht zu erwarten.“
->Quelle: diw.de; Gerhard Hofmann/AZ; solarify.eu/co2-grenzwerte-ein-iass-vorschlag