Fehler sind programmiert
Der Schnelldurchgang bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) rächt sich. Weil die Regierung den Abgeordneten keine Zeit lässt, um die umfangreichen Korrekturen am Gesetzentwurf zu prüfen, sind Fehler programmiert. Für das Selbstbewusstsein des Parlaments bedeutet die EEG-Reform einen Tiefschlag. Ähnlich wie bei der Eurorettung wird den Abgeordneten von ihrer Führung weisgemacht, der enge Zeitplan habe Vorrang, weil sonst Gefahr für die Wirtschaft drohe.
Dass Brüssel trotz monatelanger Verhandlungen erst in letzter Minute neue Forderungen präsentierte, wirft kein gutes Licht auf die Behörde. Wünschenswert wäre dabei eine andere Schwerpunktsetzung gewesen: Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia wäre gut beraten gewesen, die großzügigen Ausnahmen für die Industrie auf den Prüfstand zu stellen. Stattdessen mischt sich die Kommission in Bereiche ein, die mit dem Beihilfeverfahren wenig zu tun haben. Für die Verbraucher bedeutet das: Sie werden weiterhin die Hauptlast für den Ausbau der erneuerbaren Energien tragen.
Todesstoß für Ökostromförderung: Offenbar braucht es die EU, um den Deutschen auf teure Weise klarzumachen, dass das Subventionsmonster EEG unbezahlbar ist.
Wie kann man ein Subventionsmonster wie die Energiewende reformieren, durch das nach Schätzung des früheren Umweltministers Altmaier (CDU) in nur einer Generation etwa eine Billion Euro umverteilt wird? Weil das fast der Hälfte der deutschen Staatsschuld entspricht, die allerdings viele Generationen aufgetürmt haben, verdienen heute so viele an dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, dass der Regierung die Kraft und der Mut zu einer echten Reform fehlen. Doch Brüssel oder Luxemburg könnten schon bald der deutschen Ökostromförderung den Todesstoß versetzen. Tatsächlich zielen gleich zwei Pfeile auf das Herzstück der Energiewende.
Der erste stammt aus dem Köcher des Wettbewerbskommissars Almunia, der im deutschen Fördersystem ein Handelshemmnis sieht und verlangt, dass auf importierten Grünstrom hierzulande keine Umlage aufgeschlagen werden dürfe. Das würde dem deutschen Ökostrom den Garaus machen, weil allein die EEG-Umlage fast doppelt so teuer ist wie der Preis für Strom an der Börse. Den zweiten Pfeil dürfte der Europäische Gerichtshof auf das EEG abfeuern. Die Richter könnten zu dem Urteil gelangen, dass jeder, der Ökostrom nach Deutschland liefert, ein Recht auf deutsche Fördergelder hat. Auch das dürfte zum Zusammenbruch des EEG führen, weil nirgendwo in der EU der Ökostrom so exzessiv gefördert wird wie hierzulande. Offenbar braucht es die EU, um den Deutschen auf teure Weise klarzumachen, dass das Subventionsmonster EEG unbezahlbar ist.
EEG: Ein völlig vermurkster Markt
Das reformierte Erneuerbare-Energien-Gesetz, das die große Koalition im Schweinsgalopp durch den Bundestag getrieben hat, ist dick im Umfang, aber dünn im Ergebnis geworden. Das liegt an den zahlreichen Lobbyinteressen, die darauf eingewirkt und fast alle irgendwie Berücksichtigung gefunden haben. Die energieintensive Industrie, die Ökostromproduzenten, die Energie-Investoren, die Kohleförderer, die EU.
Nein, dieses Werk gibt keinerlei Grund zur Wehklage, für keine Branche. Außer für die normalen Verbraucher. Der Anstieg der Ökostromumlage wird allenfalls etwas gebremst. Die einzige Ausnahme von diesem insgesamt neutralen Bild stellt in negativer Weise die gestern zusätzlich verabschiedete Änderung des Baugesetzbuches dar. Hier wurde auf Druck der in Bayern regierenden CSU beschlossen, dass die Länder künftig selbst Mindestabstände zwischen Windrädern und Siedlungen festlegen dürfen. Bayern will sie so groß halten, dass in der Praxis dort kaum neue Windräder gebaut werden dürften.
Mit der EEG-Reform ist der völlig vermurkste Strommarkt nicht in Ordnung gebracht, im Gegenteil. Er wird noch mehr überreguliert. Ein neues Strommarktdesign muss sehr schnell gefunden werden, das die unterschiedlichen Energieformen integriert. Wie? Indem man sich wieder an den ursprünglichen Zielen der Energiewende orientiert, allen voran der Verringerung des CO2-Ausstoßes durch Mengenvorgaben des Staates. Der Ansatz, Strompolitik als Industrieförderung für bestimmte Produkte muss auslaufen. Zugleich muss der Emissionshandel wieder in Gang kommen, damit der absurde Umstand beendet wird, dass billige Kohle Gaskraftwerke verdrängt und der CO2-Ausstoß wieder steigt.