Umweltinstitut München: Fracking-Verbot in Wirklichkeit Erlaubnis

„Gabriel und Hendricks machen den Weg frei für Fracking“

Das Umweltinstitut München protestierte am 09.07.2014 in einer Mitteilung gegen die jüngste Entscheidung der beiden Minister Hendricks und Gabriel in Sachen Fracking. Es sei „ein Lehrstück über die Arbeitsweise und Kommunikationskultur der Politik“: In den Eckpunkten heiße es: Schiefer- und Kohleflözgas-Förderung werde es „zu wirtschaftlichen Zwecken auf absehbare Zeit nicht geben“. Viele Medien hatten das als Fracking-Verbot mit Ausnahmen interpretiert (auch Solarify). Zu Unrecht – sagt das Umweltinstitut.

Löwenanteil unterhalb von 3000 Metern

In Wirklichkeit handle es sich um eine „Fracking-Erlaubnis, denn Fracking wird nur oberhalb von 3000 Metern Tiefe verboten“. Der Löwenanteil der Schiefergasvorkommen in Deutschland – so das Umweltinstitut – liege aber nach Angaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe*) tiefer als 3000 Meter. Für deren Ausbeutung gebe die „neue Regelung also grünes Licht“ – obwohl Gabriel und Hendricks in ihrer Erklärung zugeben: „Wir können derzeit beim Fracking in Schiefergestein mangels eigener nationaler Erfahrung die Auswirkungen noch nicht abschätzen.“

Probebohrungen auch oberhalb von 3000 Metern erlaubt

Probebohrungen seien zudem auch oberhalb von 3000 Metern erlaubt. Außerdem gelten die aktuell formulierten Einschränkungen nur bis zum Jahr 2021 – danach werden die Karten neu gemischt. Obwohl der Bundestag auch ein unbefristetes Gesetz mit einer entsprechenden Mehrheit zurücknehmen könnte, wird damit von vorneherein ein „Verfallsdatum“ für die Einschränkungen festgeschrieben. Fracking-Vorhaben für „Tight Gas“, das nicht ganz so dicht im Gestein eingeschlossen ist wie Schiefergas, bleiben weiterhin möglich. Die dabei eingesetzte Frackflüssigkeit darf nach Vorstellung von Gabriel und Hendricks „maximal schwach wassergefährdend sein“ – was immer das bedeuten mag. Bei bisher durchgeführten Fracking-Maßnahmen zur Erschließung konventioneller Gasvorkommen kam es bereits zu Schwermetallverunreinigungen des Bodens.

„In Hamburg haben die Behörden Exxon eine ‚Aufsuchungserlaubnis‘ für ein 150 Quadratkilometer großes Areal innerhalb der Vier- und Marschlande erteilt: Bis Ende 2015 darf der Konzern exklusiv und unbehelligt von der Konkurrenz prüfen, ob sich genügend Erdgas in tieferen Gesteinsschichten befindet und sich die Förderung lohnen könnte. 2016 könnte die Firma eine Erkundungsbohrung beantragen. 2017 wäre ein erstes Fracking möglich, um das Schiefergas unter den Füßen der 120.000 Bergedorfer zu Geld zu machen. „Gefrackt“ wird (in Deutschland) schon seit 50 Jahren. Unter Niedersachsen und Schleswig-Holstein lagert in mehr als 3000 Metern Tiefe ‚Tight Gas‘ in Sandstein. Damit das Gas zu einer Bohrung strömen kann, müssen mithilfe von Flüssigkeit und hohem Druck Risse ins Gestein gebrochen (‚gefrackt‘) werden. Umweltrelevante Schäden sind dabei bisher nicht bekannt geworden. Die Förderung von Schiefergas ist jedoch viel komplizierter. Um Fließkanäle zu schaffen, muss – technisch aufwendiger – horizontal gebohrt werden. Außerdem ist Schiefer weniger durchlässig als Sandstein. Daher kommt mehr chemikalienversetzte Frac-Flüssigkeit zum Einsatz. (greenpeace-magazin.de)

Das Umweltinstitut weiter: „Mit der vorgelegten Regelung wird Fracking auf großen Teilen des Bundesgebietes erlaubt. Es ist klar ersichtlich, dass sich Gabriel und Hendricks mit ihren Eckpunkten dem Druck der Industrie beugen. Am 03.07.2014 erklärte der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Ulrich Grillo, die Zeit sei reif für Fracking. Einen Tag später veröffentlichten Gabriel und Hendricks ihre Eckpunkte.“

Das Umweltinstitut München e.V. setzt sich für eine Änderung des Bundesbergrechts ein, das dafür verantwortlich ist, dass es in Deutschland bisher so gut wie keine Einschränkung für Fracking gibt. Es müsse klare Regelungen geben, die es den Bundesländern ermögliche, Fracking auf ihrem Gebiet zu verbieten. Auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen sei zu dem Schluss gekommen, Fracking sei energiepolitisch nicht notwendig und könne keinen maßgeblichen Beitrag zur Energiewende leisten.

*) Studie des BGR: „Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland“ (PDF, 8 MB), S. 25f.
->Quelle: umweltinstitut.org: erdgassuche-in-deutschland.de; greenpeace-magazin.de/fracking-exxon-verschleiert-seine-strategie; bgr.bund.de