Energiegenossenschaften und Energiewende
Energiegenossenschaften wurden in jüngerer Zeit vor allem unter folgenden Fragestellungen betrachtet:
- Welche Faktoren begünstigen die Gründung von Energiegenossenschaften? In der von Kaphengst und Velten (2014) in Deutschland durchgeführten Befragung bestätigt sich, dass die lange Erfahrung mit dem Genossenschaftssektor ein wichtiger Faktor ist. Dabei haben Genossenschaften in Deutschland einen eher konservativen statt innovativen Charakter. Ihr Erfolg ist auch auf ein gewachsenes (regionales) Netzwerk zurückzuführen, insbesondere auf die Verbindung zu Genossenschaftsbanken.
Ein anderes Bild zeigt sich in England, wo erst in jüngerer Zeit Erfahrungen mit Energiegenossenschaften gesammelt wurden.In der von Rogers et al. (2008) durchgeführten Befragung zeigte sich eine eher zurückhaltende Einstellung gegenüber Genossenschaften. Die von Wirth (2014) in Südtirol durchgeführte Untersuchung unterstreicht, dass sich institutionelle und regionale Gegebenheiten auf die Gründung von Energiegenossenschaften auswirken. Schreuer und Weismeier-Sammer (2010) geben einen (Literatur-)Überblick über die Entwicklung von Energiegenossenschaften in mehreren europäischen Ländern und identifizieren die verschiedenen für Energiegenossenschaften fördernden sowie hemmenden Faktoren. - Welchen Beitrag leisten Energiegenossenschaften zur Förderung einer auf erneuerbaren Energien beruhenden Energieversorgung? Studien heben hervor, dass Genossenschaften die Akzeptanz für die nachhaltige Energieversorgung in der Bevölkerung erhöhen. Auf der Grundlage des Technologieakzeptanzmodells hat Viardot (2013) herausgearbeitet, dass Energiegenossenschaften als Non-Profit Organisation und mit ihrer Nähe zum Energieverbraucher Informationen und Wissen über Technologien regenerativer Energien vermitteln, dabei die Kosten des Einstiegs in die neue Technologie senken und Beratungs- und Serviceleistungen anbieten.
In der Befragung von Kaphengst und Velten (2014) stellte sich heraus, dass viele der befragten Mitglieder von Genossenschaften ihren Energiekonsum und auch ihr Kapitalanlageverhalten überdenken. Sagebiel et al. (2014) sind auf Grundlage eines Choice Experiments der Frage nachgegangen, ob Verbraucher bereit sind, mehr für die von Stromgenossenschaften erzeugte Elektrizität zu zahlen. Es zeigte sich, dass vor allem die Höhe des Anteils der für die Stromerzeugung eingesetzten erneuerbaren Energien und auch die Preistransparenz einen hohen Einfluss auf die Zahlungsbereitschaft haben. Allerdings wirkten sich auch die spezifischen Merkmale einer Genossenschaft wie Mitbestimmung positiv auf die Zahlungsbereitschaft aus. - Welche Wirkung werden die Änderungen des EEG auf die Energiegenossenschaften haben? Derzeit werden die mit der Einführung der Direktvermarktung und des Ausschreibungsmodells möglichen Auswirkungen auf Projekte in Bürgerhand diskutiert (vgl. Leuphana Universität Lüneburg und Nestle, 2014). Das bisherige EEG hat für Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen eine höchstmögliche Investorensicherheit geboten. Bei einem Wechsel von der festen Einspeisevergütung zur Direktvermarktung, die für alle Neuanlagen ab 500 Kilowatt zum 1. August 2014 und für alle Neuanlagen ab 100 Kilowatt zum 1. Januar 2016 gelten soll, werden grundsätzlich die Risiken für die Betreiber, darunter auch Energiegenossenschaften, steigen.
Noch wenige Erfahrungen liegen mit dem Ausschreibungsmodell vor. Spätestens im Jahr 2017 soll die Förderhöhe von EEG-Anlagen über Ausschreibungen bestimmt werden. In einer Pilotphase für Photovoltaik-Freiflächenanlagen ab 2015 sollen zunächst Erfahrungen mit dem Ausschreibungsmodell gesammelt werden. In der Studie des izes (2014) wird darauf hingewiesen, dass das Ausschreibungsmodell theoretisch mit hohen Transaktions- und Finanzierungskosten verbunden ist, die eine höhere Kosteneffizienz von Ausschreibungen konterkarieren. Dies dürfte insbesondere kleine Genossenschaften belasten. Allerdings hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2014) bei Verabschiedung der Änderungen des EEG Ende Juni 2014 klargestellt: „Die Ausschreibungen werden so gestaltet werden, dass auch weiterhin ein breiter Mix von Betreibern zum Zuge kommt: Genossenschaften genauso wie große Unternehmen, kleine Bürgerenergie-Initiativen genauso wie Stadtwerke.“