Koordinierte Strategische Reserve kann Stromversorgungssicherheit in Europa erhöhen
Mit Blick auf die Versorgungssicherheit im Stromsektor werden derzeit nicht nur in Deutschland verschiedene Kapazitätsmechanismen diskutiert. Dazu zählt eine Strategische Reserve, also das Vorhalten einzelner Kraftwerke, die nur in Notsituationen mit einem knappen Stromangebot und hohen Preisen zum Einsatz kommen. Eine Untersuchung des DIW Berlin.
Die Diskussion der entsprechenden Instrumente findet bisher weitgehend im nationalen Kontext statt. Die EU-Kommission setzt zwar seit Beginn der Debatte auf die Synergieeffekte des europäischen Binnenmarktes, allerdings dominieren bisher noch einzelstaatliche Interessen die Diskussion.
Vor diesem Hintergrund hat das DIW Berlin die Möglichkeiten der grenzübergreifenden Koordination einer Strategischen Reserve betrachtet, die den Strommarkt absichert und die Energiewende in Deutschland und Europa unterstützt.
Ihr Fazit: Eine frühere Studie des DIW Berlin hat die Vorteile einer Strategischen Reserve aufgezeigt, die sich etwa durch den Erhalt marktbasierter Kurzzeit- und Terminmärkte auszeichnet. Effiziente Kurzzeitmärkte setzen Anreize für wichtige Systemflexibilität – ohne Kapazitätszahlungen spielt einzig der Strompreis eine Rolle und setzt beispielsweise für flexible Nachfrager klare Preissignale zur Lastreduktion. Zudem vermeidet das Konzept einer Strategischen Reserve große Verteilungswirkungen, da das über Netzentgelte umzulegende Marktvolumen der Reserve relativ gering ausfällt.
Eine solche Strategische Reserve zur Absicherung des Strommarktes wäre auch im europäischen Kontext die zu präferierende Variante eines Kapazitätsmechanismus. Die außerhalb des regulären Strommarktes vorgehaltene Erzeugungskapazität lässt sowohl Kurzzeit- als auch die für Investitionsentscheidungen wichtigen Terminmärkte nahezu unberührt. Dies gilt auch für den europaweiten Handel, sodass die Strategische Reserve kompatibel mit dem EU-Strombinnenmarkt ist. Auch mit einer Strategischen Reserve kann in Zeiten, in denen der Strom knapp ist, sichergestellt werden, dass zuerst kommerzielle Möglichkeiten zur Deckung der Nachfrage genutzt werden.
Einen zusätzlichen Gewinn an Versorgungssicherheit bietet die Strategische Reserve durch die Möglichkeit, in Knappheitszeiten auch ausländische Reserven zu nutzen. Die Vorteile durch die Nutzung ausländischer Reserven steigen im Rahmen einer flussbasierten Verteilung der Übertragungskapazität nochmals. Dieser positive Effekt wird durch die damit einhergehende Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Kalkulation der Reservekapazität noch verstärkt. Denn in der Regel müssen größere Systeme, in denen einzelne Nachfragespitzen zu verschiedenen Zeiten auftreten, weniger Reservekapazitäten bereitstellen.
Wenn ein Kapazitätsmechanismus zum Einsatz kommen soll, dann bietet eine Strategische Reserve nicht nur im nationalen Kontext Vorteile, sondern auch bei einer grenzüberschreitenden Koordination eine effektive Möglichkeit, die Versorgungssicherheit zu erhöhen – sowohl aus nationaler als auch aus europäischer Sicht – ohne dabei die weitere Entwicklung und Integration der Kurzzeit- und Terminmärkte in Europa zu behindern.
->Quelle und Bericht: diw.de; diw.de/publikationen/73.pdf