„Das Ausschreibungsmodell kann am Ende zu deutlichen Mehrkosten für die Energiewende führen, statt zu einer Kostenersparnis.”
Frage: Bürgerenergie braucht aus Ihrer Sicht künftig einen besonderen Schutz?
Andresen: Ja, denn eigentlich war die Energiewende mal als gesellschaftliches Gemeinschaftsprojekt gedacht, getragen durch das Engagement der Bürger. Diese Gesetzesreform nimmt darauf keine Rücksicht. Stattdessen erschwert es auch in Zukunft, Bürgerprojekten sowie kleinen und mittleren Unternehmen, saubere Kraftwerke zu bauen und betreiben zu können – beziehungsweise diesen Strom auch selbst zu verbrauchen.
Frage: Damit wären wir beim Stichwort „Eigenverbrauch“. Die so genannte „Sonnensteuer“ im EEG ließ sich trotz breiten politischen Widerstandes nicht verhindern. Das bedeutet: wer sich aus eigenen Ökostrom-Anlagen selbst versorgt, muss künftig einen Teil der EEG-Umlage mittragen…
Andresen: Es handelt sich dabei zwar nur um eine „reduzierte“ EEG-Umlage von zunächst 30, später 40 Prozent, das wären nach derzeitigem Stand rund zweieinhalb Cent pro Kilowattstunde. Aber auch diese Mehrbelastung ist ein falsches politisches Signal. Wir werden uns auch weiter politisch dafür einsetzen, dass die Eigenversorgung – aber auch Nahversorgungskonzepte wie Mieterstrom – weiterhin möglich und wirtschaftlich darstellbar sind. Solche dezentralen Modelle sind aus unserer Sicht ein entscheidender Bestandteil für eine erfolgreiche Energiewende.
Frage: Immerhin wird ja der Eigenverbrauch aus konventionellen Energiequellen mit der vollen EEG-Umlage belegt…
Andresen: …das ist grundsätzlich auch zu begrüßen, allerdings greift diese Regelung viel zu kurz, da es sich bei betroffenen meist um Blockheizkraftwerke, also Kraft-Wärme-Kopplung, handelt. Nun soll aber bereits im Herbst das KWK-Gesetz novelliert werden – und in dieser Reform dürfte die Selbstnutzung von KWK-Strom dann wieder entlastet werden. Sprich: der industrielle Eigenverbrauch wird am Ende doch wieder deutlich besser gestellt.
Frage: Auch mit dieser EEG-Reform bleiben viele Industrien ja weiter teilweise von der EEG-Umlage befreit.
Wichtige Weichen für die Energiewende falsch gestellt
Andresen: Diese Privilegierung läuft schon seit Jahren aus dem Ruder. Die Bundesregierung hat hier eine echte Chance verpasst, dies auszubügeln, denn die neu festgelegten Begrenzungen sind nicht ausreichend. Viel mehr Sinn würde es machen, wenn man nicht Unternehmen privilegiert, sondern Prozesse, bei denen die Energiekosten einen Anteil von mehr als 20 Prozent an der Wertschöpfung ausmachen bzw. die aufgrund einer hohen Handelsintensität in starkem internationalem Wettbewerb stehen. Zudem sollte kein Unternehmen komplett von der EEG-Umlage befreit werden: Firmen, die von gesunkenen Börsenstrompreisen profitieren, sollten auch entsprechend mit der Umlage belastet werden – das käme dann allen Verbrauchern zugute.
Frage: Angesichts der vielen Kritikpunkte: hat die Bundesregierung also mit dieser Reform wichtige Weichen für die Energiewende falsch gestellt?
Andresen: Ja. Schon als die ersten Eckpunkte für die Reform bekannt wurden, haben wir die Politik aufgefordert, sich lieber um die ausufernden Industrierabatte, das nicht funktionierende Marktdesign oder den Markt der [[CO2]]-Zertifikate zu kümmern, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Höhe der EEG-Umlage haben. Was die Energiewende dringend gebraucht hätte – und was auch wir immer wieder gefordert haben – wäre ein reformiertes EEG gewesen, das den Anlagenbetreibern eine angemessene Vergütung garantiert, die Kosten der Energiewende fair verteilt und Wind- und Sonnenstrom auf vernünftige Art in den Strommarkt integriert. Diese EEG-Novelle bleibt vieles davon schuldig. (Christoph Rasch)
->Quelle: blog.greenpeace-energy.de