Wettbewerb verlangt Externalisierung
Im Wettbewerb verlangt es die Marktordnung nämlich von den Unternehmen immer stärker, ja, sie erkennt das gar als Marktleistung an, Risiken und Kosten zeitlich und räumlich in die Gemeinschaft abzuwälzen (zu „externalisieren“) wenn sie mit einem Produkt am Markt konkurrenzfähig bleiben wollen. Durch diese – völlig legale –Externalisierung von Kosten, anders gesagt, durch den Raubbau an den (meistens endlichen) Ressourcen, werden Gewinne erhöht und Wettbewerbsvorteile erzielt. Diese Praxis ist zu einem wichtigen Wachstumsmotor geworden. Kaum ein Unternehmen ist frei von diesem Wettbewerbszwang, wenn es am Markt bestehen will.
Externalisierung von Kosten ist somit das Gegenteil von Nachhaltigkeit. „Extern“ sind ungeschützte Gemeingüter wie Atemluft, Biodiversität, Bodenfruchtbarkeit, Fischreichtum, Klimasystem, Rohstoffvorkommen, Trinkwasser – auch Arbeitskräfte und kulturelle Güter. Sie sind „natürliche Lebensgrundlagen“ (Art. 20a GG), „Güter der Allgemeinheit“ (BverfGE 93, 319). Nachhaltigkeit verlangt, dass sie auch für künftige Generationen verfügbar bleiben (Brundtland-Report). Wer sie nutzt, muss sie entweder so schonend behandeln, dass sie sich selbst regenerieren können, oder mindestens im gleichen Maß der Abnutzung wiederherstellen bzw. gleichwertigen Ersatz leisten – kurz: Erhaltungs- oder Ersatzinvestitionen tätigen. „Diese Aufwendungen selbst tragen heißt die Kosten der Erhaltung genutzter Gemeingüter internalisieren“ (sagt der Theologe Johannes Hoffmann). Der Wettbewerb soll nicht abgeschafft, sondern zukunftsfest gemacht werden. Das ist nur möglich durch Zurückdrängung der Externalisierung, durch Internalisierung externer Kosten – kurz durch nachhaltige Entwicklung.
Nachhaltigkeit als Staatsziel
Nachhaltigkeit verlangt, dass die allgemeinen Lebensgrundlagen auch für künftige Generationen verfügbar blieben. Das heißt nicht, dass wir sie nicht verändern dürften, aber nur in verantwortbar nachhaltiger Art und Weise: Wer Gemeingüter nutze, müsse auch für ihre Erhaltung sorgen, dürfe also notwendige Erhaltungskosten nicht „externalisieren“. Die Grundgesetz-Vorschriften über den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 20a GG) und der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14.2 GG) begründen „kein subjektives Recht, sondern sie bedürfen gesetzlicher Regelung. Diese müsste dem Grundrecht auf Privateigentum gleichstehen und, was die Erhaltung genutzten Gemeineigentums betrifft, sogar vorgehen“ (so der Ökonom Gerhard Scherhorn).
Zu einem vorrangigen Staatsziel wird Nachhaltige Entwicklung aber erst, wenn das Eigentumsrecht durch eine Nachhaltigkeitspflicht des Eigentums ergänzt, bzw. eingeschränkt wird. In der Folge verlangt Scherhorn die verbindliche Einführung von Externalisierungsbilanzen für Unternehmen und Behörden in vorgeschriebenen Zeiträumen. Daraus sollten erforderliche Maßnahmen abgeleitet werden. Diese müssten „der öffentlichen Kritik zugänglich sein, zumindest einer teilöffentlichen Kritik durch Institutionen der Zivilgesellschaft“. Es gehe „um die Verpflichtung auf einen permanenten Prozess“, damit „sich ein Bewusstsein davon durchsetzt, dass die bisherige Praxis der Externalisierung unrecht ist, weil sie die Gemeinressourcen aufzehrt, die doch für alle da sind – für das Ganze nicht nur der Menschen, sondern auch der Erde“.