Drei Herausforderungen bei der Erforschung von Photosystem II
- Die erste Herausforderung stellte sich den Forschern, als sie das Photosystem II mit voll intaktem wasserspaltenden Komplex aus dem ursprünglichen Organismus, einem thermophilen Cyanobakterium, das in heißen Quellen und Vulkanen in Japan gefunden wurde und sehr robust ist, isolierten und anschließend reinigten. Mehrere Jahre Entwicklungsarbeit brauchten die Forscher in Saclay in Zusammenarbeit mit japanischen Kollegen, um die sehr hohen Anforderungen an die Qualität der Präparation zu erfüllen.
- Der zweiten Herausforderung begegnete das Team, als es den Mangan-Komplex im Photosystem II in den verschiedenen Zuständen der Wasserspaltung charakterisierte. Diese Hürde nahmen die Forscher der biophysikalischen Abteilung des Mülheimer Instituts mithilfe der Elektronenspinresonanz-Spektroskopie (ESR). Diese ermöglicht es, die Elektronenverteilung in einem Molekül oder Metallkomplex sichtbar zu machen, und erlaubt damit einen tiefen Einblick in die einzelnen Schritte der Wasserspaltung. „Diese Messungen liefern neue Erkenntnisse und lösen Probleme bei der exakten Analyse molekularer Strukturen in Reaktionsabläufen, die mit anderen Methoden nicht zugänglich sind”, sagte Alain Boussac vom CEA Saclay.
- Eine dritte Herausforderung bestand schließlich darin, die gesammelten Informationen so zu nutzen, dass ein komplettes Strukturmodell des Bio-Katalysators entsteht. Neue theoretische Methoden und die Supercomputer der Theorieabteilung des Max-Planck-Instituts ermöglichten die dafür benötigten Berechnungen. Auf diese Weise zeigten die Forscher, dass sich in der späten Phase des Reaktionsablaufs ein zweites Wassermolekül in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem aktiven Sauerstoffatom an den Komplex anlagert und dabei ein Proton abgibt. Dies führt dann im nächsten Schritt direkt zur O-O Bindungsbildung.
Natur kopieren: Brennstoff aus Sonnenlicht
Durch die Entschlüsselung der Struktur und Funktion des wasserspaltenden Katalysators im Photosystem II auf atomarer Ebene ist auch die Aufklärung des Mechanismus der Wasserspaltung in greifbare Nähe gerückt. Mit diesen Erkenntnissen, ergeben sich wichtige Kriterien für das Design ähnlicher synthetischer Katalysatoren, die Wasser mit umweltfreundlichen, kostengünstigen und gut verfügbaren Elementen spalten. Derzeit werden zu diesem Zweck vielfach das teure Platin und andere seltene Metalle oder Metallkomplexe eingesetzt. Das verteuert die großtechnische Produktion von erneuerbaren Energieträgern wie Wasserstoff oder macht sie gar unmöglich.
Mit bioinspirierten Katalysatoren könnten sich Wasserstoff oder ein anderer solarer Brennstoff dagegen kostengünstig erzeugen lassen, wenn man Photovoltaikanlagen mit wasserspaltenden Katalysatoren kombinieren würde, um solare Brennstoffe zu erzeugen statt Strom zu produzieren. So könnte die Energiewirtschaft das Hauptproblem der Photovoltaik überwinden: Sonnenlicht steht als Energiequelle nicht rund um die Uhr zur Verfügung, und Elektrizität eignet sich auch wenig, um Fahrzeuge anzutreiben. Das Konzept des solaren Brennstoffs ermöglicht es hingegen, Sonnenenergie direkt in chemischen Verbindungen zu speichern und somit unabhängig von Zeit und Ort zu nutzen.
„Künstlicher Solar-Brennstoff eröffnet regenerativen Energietechnologien weitreichende Möglichkeiten, insbesondere für den Verkehrs- und Infrastruktursektor, der immer noch auf fossile Brennstoffe angewiesen ist,” sagt Wolfgang Lubitz, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion „Ein effizienter, lichtgetriebener, wasserspaltender Katalysator auf Basis von häufigen Metallen wie Mangan brächte hier einen großen Fortschritt. Der Einblick in das wasserspaltende Enzym der Natur hat die Grundlage für solche Entwicklungen geschaffen.“ (ES/PH)
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