Kohlendioxidabgabe könnte Entwicklung viel wirksamer steuern
Ein Argument der Regierung für die Eigenverbrauchsumlage ist, dass auch viele Industriebetriebe eigene Kraftwerke errichten. Oft sind das Gas- und Kohlekraftwerke. Dadurch sparen sie ebenfalls alle Abgaben. Immer weniger Stromkunden beteiligen sich deshalb an den allgemeinen Kosten der Stromversorgung, wodurch die Energiewende für die Haushalte immer teurer wird. Um den Trend für neue umlagefreie fossile Kraftwerken zu stoppen, hat die Umlage durchaus eine Berechtigung. Eine Kohlendioxidabgabe (siehe Schweiz:“Dreckstrom-Abgabe” gefordert) könnte die Entwicklung aber viel wirksamer steuern, ohne den Ausbau regenerativer Kraftwerke und damit die Energiewende zu torpedieren.
Stattdessen werden auch noch große Atom- und Kohlekraftwerke von der neuen Eigenverbrauchsumlage gezielt ausgenommen. Die gesamte Eigenstromerzeugung wird an der EEG-Umlage beteiligt. Nicht erfasst wird der so genannte Kraftwerkseigenverbrauch. Wenn also Bauer Müller eine 30-Kilowatt-Solaranlage auf seiner Scheune errichtet und seinen Solarstrom selbst zum Kochen oder für das Licht in der Scheune nutzt, soll er dafür die Umlage entrichten. Die Kantine und die Beleuchtung des Atom- oder Kohlekraftwerk nebenan bleiben aber weiterhin davon verschont.
Durch die Eigenverbrauchsumlage wird somit die Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen zugunsten der Atom- und Kohlekraftwerke weiter verschlechtert. Dabei hat der Kraftwerkseigenverbrauch einen enormen Umfang. Rund 35 Milliarden Kilowattstunden werden in Deutschland von den großen Kraftwerken selbst umlagefrei verbraucht. Würde man darauf die volle EEG-Umlage von 6,24 Cent pro Kilowattstunde erheben, ließen sich über 2 Milliarden Euro erlösen. Dieser Betrag könnte direkt zur Reduktion der EEG-Umlage genutzt werden. Diese ließe sich dadurch um gut 0,5 Cent pro Kilowattstunde senken. Damit würde ein Durchschnittshaushalt bei einem Stromverbrauch von 3500 Kilowattstunden pro Jahr immerhin um 18 Euro entlastet.
Dass die Umlage auf Solaranlagen wenig bringen wird, hat die Regierung bereits selbst erkannt. Herr Gabriel hatte schon angekündigt, dass er von der EEG-Novelle keine sinkenden Strompreise erwartet. Bleibt die Frage, warum er nicht darüber nachdenkt, eine Umlage auf den Eigenverbrauch von Atom- und Kohlekraftwerken zu erheben, um damit eine wirkliche Entlastung der Stromkunden zu erreichen. Das zeigt deutlich, dass die Regierung nicht wirklich an einer Entlastung der Stromkunden interessiert ist. Es geht viel mehr darum, die Atom- und Kohlekraftwerke der großen Energiekonzerne gegen die regenerative Konkurrenz zu schützen. Dafür ist inzwischen auch jede noch so absurde Maßnahme recht. Möglicherweise sollen damit sogar die Weichen für eine erneute Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken gestellt werden.
Viele Gemeinden, die einen erheblichen Teil der Aktien von RWE und Co. halten, geraten durch deren Niedergang zunehmend unter Druck. Der Wertverlust der RWE-Aktien schlug kürzlich alleine bei der Stadt Essen mit 680 Millionen Euro zu Buche. Statt Lösungen für die von den Energiekonzernen abhängigen Gemeinden anzubieten, versucht die Regierung, die Energiewende wieder zurückzudrehen. Das einzige Ziel der Reformen von Minister Gabriel ist, die Energiekonzerne zu retten, ohne dabei die Industriestrompreise steigen zu lassen. Eine radikale Drosselung des Ausbaus erneuerbarer Energien soll den Energieriesen die nötige Zeit verschaffen, um ihre neu gebauten Kohlemeiler doch noch in die Gewinnzone zu bringen.