Ostafrikas Gletscher schrumpfen

Aussichten

Kaser meint allerdings, dass bei der gegenwärtigen Gletscherabnahme bis 2040 es kein Plateaueis auf dem Kibo mehr geben wird. Eine etwas differenziertere Einschätzung geben Cullen et al.: Unter der Voraussetzung, dass der gegenwärtige Trend anhält, würden die Gletscher am westlichen Hang bis 2020 und das Eis auf dem Plateau und an den südlichen Hängen bis 2040 nicht mehr vorhanden sein. Allerdings hält Kaser auch das Gegenteil für möglich, wenn eine Serie von mehreren feuchten Jahreszeiten mit hohen Niederschlägen aufeinanderfolgten.Höhere Niederschläge über Ostafrika könnten paradoxerweise sogar eine Folge des Klimawandels sein. Die Zunahme der Niederschläge in Ostafrika hängt mit Änderungen der Wassertemperatur im Indischen Ozean zusammen, durch die der absteigende Ast der Walker-Zirkulation über dem westlichen Indischen Ozean geschwächt wird.

Auswirkungen

Über die Auswirkungen gehen die Ansichten auseinander. Während die einen Landwirtschaft, Flora und Fauna am Fuße der ostafrikanischen Gletscherberge in Gefahr sehen, halten die anderen den Einfluss für gering. Im Gegensatz zu den tropischen Gletschern der Anden spiele das Eis auf dem Kilimandscharo keine wichtige Rolle als Wasserlieferant für die örtliche Bevölkerung – aus mehreren Gründen: Plateau und Hanggletscher verlieren 70 % ihrer Masse nicht durch Abfluss, sondern durch Sublimation, d.h. durch den direkten Übergang von Eis in atmosphärischen Wasserdampf. Die Gletscher des Kilimandscharo sind relativ klein. Ihr vollständiges Abschmelzen würde eine Wassermenge erzeugen, die, verteilt auf die Region um den Kilimandscharo von ca. 50×80 km, lediglich der eines kräftigen Regenschauers entsprechen würde. Hinzu kommt, dass die Masse der Bevölkerung in der Region von ca. 1 Mio. Einwohnern in den tieferen Lagen um 2000 m lebt, wo die Landschaft durch tropischen Regenwald geprägt ist. Die Wasserressourcen werden hier fast ausschließlich durch den Regenwald gedeckt.

Die Gletscher auf dem Kilimandscharo spielen jedoch für den Tourismus eine große Rolle. Falls sie verschwinden, wird eine große Attraktion für die Touristen vor allem aus Europa und den Vereinigten Staaten verloren gehen. Denn den Klimanjaro besuchen rund 20.000 Besucher im Jahr, mit bis zu 500 Touristen an Spitzentagen, hinzu kommen zur Hochsaison noch 1500 Träger und Bergführer täglich. Mit dem weiteren Ausbau der Infrastruktur ist die Tendenz weiter steigend. Die Einnahmen aus dem Tourismus sind die wichtigste externe Geldquelle der Bevölkerung am Kilimandscharo. Zwar ist der Kibo saisonal auch gelegentlich schneebedeckt. Die meisten Besucher kommen jedoch während der trockenen Jahreszeiten. Nicht zuletzt besitzt der Kilimandscharo als leuchtendes ‚Haus der Götter’ in den Mythen der afrikanischen Bevölkerung seinen Platz, der durch den heutigen Tourismus allerdings überschattet wird.