WBGU-Sondergutachten „Klimaschutz als Weltbürgerbewegung“
Der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen (WBGU) hat der Bundesregierung am 17.09.2014 in der Bundespressekonferenz sein neues Sondergutachten „Klimaschutz als Weltbürgerbewegung“ vorgelegt. Darin wird auf den 5. Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC) verwiesen, der unmissverständlich klarmache: „Inakzeptable Klimafolgen, die sich jenseits der 2°C-Leitplanke häufen dürften, können nur vermieden werden, wenn der weitere Anstieg der Treibhausgaskonzentration so bald wie möglich gestoppt wird.“
Der WBGU entwirft ein interessantes Konzept für ein ambitioniertes Klimaschutz-Abkommen: das Nullemissionsziel. Bis spätestens 2070 sollen demnach die CO2-Emissionen aus fossilen Energieträgern auf Null gesenkt werden.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und Forschungsstaatssekretär Georg Schütte begrüßten das Papier als „wertvollen und hochaktuellen Beitrag zur nationalen und internationalen Debatte“. Hendricks: „Mit dieser Forderung stößt der WBGU eine wichtige Debatte an. Auch wenn die Herausforderung aus heutiger Sicht immens erscheint, ist die langfristige Orientierung für eine erfolgreiche Klimapolitik von zentraler Bedeutung. Es reicht nicht, in den UN-Klimaverhandlungen jeweils nur auf die nächste Verpflichtungsperiode zu schauen. Es geht darum, dass alle gemeinsam und jeder für sich einen Pfad zur Klimaneutralität definiert – je früher, desto besser. Für Deutschland haben wir uns bereits darauf verständigt, einen langfristigen Klimaschutzplan zu erarbeiten. Diese Langfrist-Perspektive werden wir mit Nachdruck auch in die anstehenden UN-Klimaverhandlungen einbringen.“
Schütte: „Wir stehen vor Entscheidungen, die sich nicht auf schmalen und ausgetretenen Pfaden in die Tat umsetzen lassen. Erst neues Wissen und Innovationen aus der Forschung geben uns diejenigen Handlungsoptionen an die Hand, mit denen wir den gefährlichen Klimawandel noch abwenden können. Deshalb muss das Klimawissen aktiv in die gesellschaftliche Praxis integriert werden. Wir brauchen Forschung, die dort ankommt und Nutzen bringt, wo konkrete Entscheidungen zum Umgang mit dem Klimawandel getroffen werden“.
Laut Schütte soll die Forschung zum Klimawandel ein wichtiger Schwerpunkt der Förderpolitik des BMBF bleiben. In der Neuauflage und Fortsetzung des BMBF-Rahmenprogramms „FONA – Forschung für nachhaltige Entwicklungen“ wird neben exzellenter Forschung künftig noch stärker der Schulterschluss mit den Nutzern und Entscheidungsträgern in den Kommunen und Landkreisen, der öffentlichen Verwaltung und der Wirtschaft gesucht, um Forschung unmittelbar wirksam werden zu lassen. Darüber hinaus wird noch intensiver mit den Ländern der Welt zusammengearbeitet, wo ein besonderer Handlungsdruck besteht und wichtige Impulse für eine vorausschauende Klimapolitik gesetzt werden müssen.
CO2 bis spätestens 2070 auf Null
Der WBGU empfiehlt daher, die CO2-Emissionen aus fossilen Energieträgern bis spätestens 2070 auf Null zu senken. Dies ist ein ebenso ehrgeiziges wie prägnantes Politikziel, denn jedes Land, jede Kommune, jedes Unternehmen und jeder Bürger müssen „die Null schaffen“, wenn die Welt als Ganzes klimaneutral werden soll.
Die 2°C-Linie kann allerdings nur gehalten werden, wenn zahlreiche Akteure – insbesondere die OECD-Staaten – schon deutlich früher ihre Emissionen herunterfahren. Der Weltgesellschaft als Ganzes steht ein eng begrenztes Kohlenstoffbudget zur Verfügung, so dass der Scheitelpunkt der Emissionen möglichst bis 2020, auf alle Fälle aber in der dritten Dekade erreicht werden sollte.
Der WBGU umreißt in seinem Gutachten eine Doppelstrategie für den globalen Klimaschutz, die auf das Zusammenspiel von Multilateralismus und Zivilgesellschaft setzt. Dafür sollte zum einen das für Ende 2015 angestrebte Pariser Klimaabkommen bestimmte Merkmale aufweisen, die der Beirat benennt.
Vor allem sollte ein Prozess vereinbart werden, der die Einhaltung der 2°C-Leitplanke sicherstellt. Zum anderen sollten alle gesellschaftlichen Akteure ihre spezifischen Beiträge zur Dekarbonisierung leisten. So kann eine verschränkte Verantwortungsarchitektur für die Zukunft unseres Planeten entstehen, in der vertikales Delegieren und horizontales Engagieren keinen Gegensatz bilden, sondern sich wechselseitig verstärken.
PIK-Chef Schellnhuber forderte ein Klagerecht für die Bürger, da die Klimaveränderung die Lebensumstände eines jeden grundlegend betreffe.
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