Neues Bild vom Kohlenstoffkreislauf in Landökosystemen: Niederschlag wichtiger Klimafaktor
Pflanzen spielen im globalen Klimasystem eine entscheidende Rolle – denn sie entnehmen der Luft Kohlendioxid und wandeln es in Kohlenhydrate um. So kann der Kohlenstoff viele Jahre oder gar Jahrzehnte im Ökosystem gespeichert bleiben, bevor er als CO2 erneut in die Atmosphäre gelangt. Im Welt- Durchschnitt dauert das 23 Jahre, berichtet ein internationales Forscherteam unter Leitung von Nuno Carvalhais und Markus Reichstein vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena in der Zeitschrift Nature (Global covariation of carbon turnover times with climate in terrestrial ecosystems). In den Tropen dauert es nur 15 Jahre, bis ein C-Atom wieder freigesetzt wird, in hohen Breiten dagegen 255 Jahre. Eine überraschende Erkenntnis: Der Niederschlag spielt für die Verweildauer eine mindestens ebenso große Rolle wie die Temperatur. Die Forscher stellten zudem fest, dass in Landökosystemen insgesamt mehr Kohlenstoff gebunden ist als bislang gedacht – vor allem im Boden.
Landpflanzen sind ein Klimafaktor ersten Ranges: Sie nehmen Jahr für Jahr etwa ein Viertel der menschlichen Treibhausgasemissionen aus der Luft. So werden etwa 120 Milliarden Tonnen Kohlenstoff jährlich zu Blättern, Wurzeln, Holz oder Samen, und schließlich, nach dem Tod der Pflanzen, zu Boden. Doch schließlich verrottet die Biomasse, und die organische Materie wird wieder zu CO2. Wie viel Zeit dieser Zyklus in unterschiedlichen Klimazonen in Anspruch nimmt, war bislang unklar.
„Wie lange ein Kohlenstoff-Atom im Ökosystem bleibt, ist für die Kohlenstoff-Bilanz entscheidend“, sagt Markus Reichstein, der am Max-Planck-Institut in Jena die Abteilung Biogeochemische Integration leitet. In Klimamodellen spielt die Bilanz des terrestrischen Teils des globalen Kohlenstoffzyklus eine wichtige Rolle. Doch wie die Landökosysteme auf die globale Erwärmung reagieren werden, gehört zu den größten Unsicherheiten derzeitiger Klimaprognosen. Werden Landpflanzen und Böden in Zukunft weiterhin zuverlässig überschüssigen Kohlenstoff aus der Atmosphäre speichern, oder dünsten sie bei wärmeren Temperaturen womöglich verstärkt Kohlendioxid aus – und werden damit von einer Kohlenstoff-Senke zur Quelle?