380-Millionen-Euro-Forderung
Deutschlands größter Energiekonzern E.on fordert vor dem Landgericht Hannover von der Bundesregierung und mehreren Ländern 80 Millionen Schadensersatz für das dreimonatige Atom-Moratorium nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima. Der Konzern macht geltend, ihm seien dadurch Gewinne der Kernkraftwerke Unterweser (Niedersachsen) und Isar 1 (Bayern) entgangen. Bundeskanzlerin Merkel und ihre damalige schwarz-gelbe Koalition hatten das Moratorium im März 2011 beschlossen; die sieben betroffenen Anlagen wurden anschließend für immer stillgelegt.
Auch RWE klagt – beide vor Verfassungsgericht
RWE hatte schon früher eine Schadensersatzklage in Höhe von 235 Millionen Euro wegen der Abschaltung seines Atomkraftwerks Biblis eingereicht. Unabhängig davon haben E.on und RWE Verfassungsbeschwerde gegen die verfügte dauerhafte Stilllegung der Anlagen nach Ende des Moratoriums eingelegt – hier wird es um Schadensersatz in zweistelliger Milliardenhöhe gehen. Um genau 3,7 Milliarden geht es Vattenfall bei seiner Klage vor dem Verfassungsgericht – Vattenfall klagt aber auch vor dem Weltbank-Schiedsgericht International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID), dessen Spruch nicht anfechtbar ist – ein Vorgeschmack auf CETA und TTIP.
Die AKW-Betreiber müssen klagen (zumindest in Deutschland), wenn ihre Vorstände nicht Gefahr laufen wollen, persönlich für vermeintlich entgangene Gewinne haftbar gemacht zu werden. Es liegt an den Gerichten, Rechtssicherheit zu schaffen – das ist zudem auch im Sinne der Aktionäre. Verärgerung ist also eher fehl am Platz – meint Solarify.
Niedersachsen verärgert
Die Bundesregierung reagierte enttäuscht auf die Klage von E.on. Die schriftliche Begründung liege zwar derzeit noch nicht vor, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums. „Wir nehmen jedoch mit Verwunderung und Bedauern zur Kenntnis, dass der große gesellschaftliche Konsens zu Atomausstieg und Energiewende bei den Energiekonzernen offenbar noch nicht angekommen ist.“
Niedersachsens Umweltminister Wenzel zeigte sich verärgert über E.ons Schritt: „Das ist der falsche Weg und richtet politisch einen großen Schaden an“. Denn aus seiner Sicht vermittle E.on den Eindruck, als wolle der Konzern den Atomausstieg infrage stellen. Wenzel glaubt auch nicht, dass die Klage Erfolg hat. Denn im Gegensatz zum Konkurrenten RWE habe E.on nicht sofort geklagt, als die Entscheidung fiel, das Atomkraftwerk Unterweser abzuschalten. Sollte die Klage aber doch erfolgreich sein, ist ein Rechtsstreit zwischen Niedersachsen und dem Bund die Folge. Denn es ist unklar, ob das AKW Unterweser 2011 auf Anordnung des Bundes oder lediglich auf Aufforderung des Landes Niedersachsen vom Netz genommen wurde.
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