4. „Einheit in der Vielfalt“: ein Vergleich zwischen Deutschland und Frankreich
Interessanterweise wird vielfach auch in Expertenkreisen davon ausgegangen, dass Deutschland und Frankreich in der Energiepolitik unterschiedlicher nicht sein könnten. Wenngleich diese Ansicht historisch und auch in Bezug auf institutionelle Strukturen sicherlich zumindest teilweise zutrifft, ist es doch frappierend, wie ähnlich sich die Ziele beider Länder beim Thema Energiewende sind. Wie aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich wird, sind die strategischen Ziele beider Länder in fast allen Bereichen sehr konvergent:
- Reduzierung der Treibhausgasemissionen (das etwas niedrigere Ziel Frankreichs lässt sich dadurch erklären, dass der gegenwärtige Ausgangspunkt deutlich unter dem deutschen liegt: etwa 8,3 Tonnen/C02eq pro Kopf gegenüber 11 Tonnen in Deutschland),
- Ausbau erneuerbarer Energien: Während Frankreich zumindest mittelfristig (2030) einen etwas niedrigeren Anteil im Stromsektor vorsieht, ist das allgemeine Ziel für den Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Endenergieverbrauch sogar ambitionierter als das deutsche (32 gegenüber 30 Prozent),
- Energieeffizienz Sowohl die langfristigen Ziele (-50 Prozent) als auch die kurzfristigen Zielsetzungen sind sich sehr ähnlich. Im Gebäudebereich beabsichtigen beide Länder, die Sanierungsrate auf 2 Prozent (in Frankreich 500 000 Wohnungssanierungen pro Jahr) zu erhöhen und sehr effiziente Niedrigenergiehäuser als Standard zu etablieren.
Erstaunlicherweise ist sogar die Herausforderung in Bezug auf die Atomkraft vergleichbar, obwohl beide Ansätze (kompletter Atomausstieg bis 2022, Reduzierung auf 50 Prozent bis 2025) natürlich auseinanderlaufen. In der Tat muss Deutschland zwischen 2010 und 2022 140 TWh Atomstrom ersetzen, was in etwa der Menge entspricht, die Frankreich ausgehend vom aktuellen Niveau ersetzen müsste, um den Anteil von 75 auf 50 Prozent zu reduzieren.
Ausgehend von den politischen Ambitionen eröffnet sich im Rahmen der Energiepolitik also durchaus die Möglichkeit einer umfassenderen Zusammenarbeit. Am Rande der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des Elysee-Vertrags kam es zu einer ersten Annäherung, die aber strukturell noch deutlich verstärkt werden könnte. Gerade hinsichtlich der europäischen Politikentwicklung wäre eine Leitfunktion Deutschlands und Frankreichs sicherlich wünschenswert und wirksam, um ein politisches Signal zugunsten einer ambitionierten Energiepolitik zu setzen. Mit dem deutsch-französischen Büro für Erneuerbare Energien, das schon 2006 von den Umweltministerien beider Länder ins Leben gerufen wurde, besteht jedenfalls schon eine erste positive Initiative, der in der Zukunft sicherlich noch eine zentralere Rolle zukommen wird.
Zielsetzungen der Energiewende in Deutschland und Frankreich
Frankreich |
Deutschland |
|
2020 | ||
Reduktion Treibhausgas-Emissionen (ggü. 1990) | –20 % | –40 % |
Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch | 23 % | 18 % |
Reduktion des Primärenergieverbrauchs | –20 % | –20 % |
2030 | ||
Reduktion Treibhausgasemissionen | –40 % | –55 % |
Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch | 32 % | 30 % |
Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch | 40 % | 50 % |
2050 | ||
Reduktion Treibhausgasemissionen | –75 % | –80 bis 95 % |
Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch | – | >60 % |
Reduktion des Endenergieverbrauchs | –50 % | –50 % |