Reitz (EEX): Zentrale Anordnung oder Marktmechanismus
Peter Reitz von der EEX-Strombörse klärte auf: Ganze drei Stunden habe es mal einen Preis von mehr als 1000 Euro gegeben – der höchste jemals erzielte sei 2000 gewesen. Es sei „kein Wildwest-Markt, sondern stark überwacht, reguliert, und er sorgt für Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage“.
Wichtig für die Zukunft sei, Flexibilität mit dem Marktpreis zu verbinden – und das Marktpreissignal zu stärken. Die erneuerbaren Energien seien in diesen Markt vollständig zu integrieren, denn sie nähmen heute nicht an der Preisbildung teil – „bei 28 Prozent heutzutage und einem Ziel von 80 Prozent müssten die erneuerbaren Energien mit allen Verpflichtungen integriert werden; daher den Energy-only-Markt weiter entwickeln, die Förderung umstellen auf Kapazitätszahlungen und die Kapazitäten von erneuerbaren Energien fördern, und dann diese vollständig dem Markt aussetzen und ein Preisrisiko übernehmen lassen“. Wir hätten unstrittigerweise kein Kapazitätsproblem, momentan hätten wir Überkapazitäten,“ die führen dazu, dass wir mit einem Erneuerbaren-Energien-Anteil von 28 Prozent gut leben können – die ‚dunkle Flaute‘ gut überstehen können“. Die Frage sei, „ob wir dieses Problem über eine zentrale Anordnung lösen oder über einen Marktmechanismus.“
Prof. Dr. Felix Höffler von der Uni Köln nannte das Grünbuch „sinnvoll, aber dass die erneuerbaren Energien in windstiller Mitternacht nicht produzieren, daran ändert der Markt nichts. Man braucht Reserve-Kraftwerke, Demandside-Management, für den Energy-only-Mark brauchen wir Preisspitzen; wir müssen es ausprobieren, der Markt wird es dann entscheiden, Preisspitzen sind dabei nicht problematisch“.
Der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Bareiß, sagte, der Energy-only-Markt solle durchaus Preisspitzen ermöglichen – die Bilanzkreisverantwortlichen sollten gestärkt werden – „das müssen wir schnell angehen. Und: wir müssen Anreize für bestehende und für neue Kraftwerke schaffen, den Markt stärker in Verantwortung bringen. Dann diskutieren, wie Kapazitäts-, bzw. Leistungsmärkte aussehen werden“.
Baake und Müller: Entscheidung völlig offen – Kapazitätsmärkte müssen bald kommen
Energie-Staatssekretär Rainer Baake nannte als Ursache der Problematik nicht die Energiewende, sondern die Liberalisierung der Strommärkte. Daraus sei ein Grenzkostenmarkt entstanden. Doch sei dann die Frage aufgetaucht, ob die für wenige Stunden in der Spitzennachfrage benötigten Kraftwerke ausreichten. Daher sei man zum Beispiel in den USA dazu übergegangen, einen zweiten Markt, einen Kapazitätsmarkt zu schaffen. Nun hätten wir aber zwei Energieträger mit Grenzkosten Null, Photovoltaik und Windenergie, die schieben kostenträchtige aus der Preiskurve hinten raus, der Preis sinke. Wie jetzt die Spitzennachfrage decken?
„Antworten darauf werden eben disktuiert. Dabei ist die Grundsatzentscheidung völlig offen: Entweder wir entwickeln den jetzigen Strommarkt konsequent weiter, oder, wenn wir das nicht wollen, entwickeln wir Kapazitätmärkte. Es gibt noch keine endgültige Antwort. Die Antwort darauf darf nicht allein national gegeben werden, im europäischen Binnenmarkt haben nationale Antworten nur begrenzt Sinn. Wie definieren wir Versorgungssicherheit in einem europäischen Binnemarkt? Die Frage ist dann: Haben wir in den kommenden zehn, zwanzig Jahren ein Problem? Gegenwärtig haben wir unzweifelhaft Überkapazitäten – es wird kein Licht ausgehen.“