Desertec – die Wüste lebt (weiter)


2. Klimaschutz – ein Fall für die Sicherheitspolitik

Globale Erwärmung und Versauerung der Meere sind die folgenschwersten von Menschen gemach­ten Veränderungen auf der Erde. Sie verändern und vermindern die Bewohnbarkeit – für Mensch und Tier – einer bereits über­füllten und über­nutzten Erde, zu Lande, in der Luft und im Meer. Mit jetzt sieben, und bald mit neun bis zehn Milliarden Men­schen, wird der Klimawandel immer schneller voran schreiten: Stürme, Dürren, Überflutungen, Hit­zewellen, Versaue­rung der Meere und Anstieg des Meeresspie­gels um bis zu 70 Meter, stehen auf dem Programm. Der Klimawandel ist die größte Gefahr für die Menschheit auf einem überfüllten Planeten. Er läuft schneller als lebenswichtige Biosysteme folgen können. Die Menschheit braucht jetzt prioritär eine globale Sicherheitspolitik und eine Lebensraum-Sicherungsstrategie, um die lang­fristige Bewohn­barkeit des Planeten für ca. zehn Milliarden Men­schen herzustellen. Das ist die große sicher­heitspoliti­sche Herausforderung für die Menschheit im 21. Jahr­hun­dert. Das ist auch eines der wichtigsten Ziele des Kooperationsmodells Desertec.

Noch ist ein galoppierender Klimawandel nicht unser unentrinnbares Schicksal, aber ein angemesse­nes globales Emissionsmanagement, ein organisiertes Emissions-Bremsmanöver, das mit einem restli­chen Volumen von 550 Gt CO2 auskommt, gibt es auch noch nicht. Es gibt die zu Diskussionsfo­ren ver­kommenen Kli­makonferenzen der UNO, und einige völlig unzureichende nationale Pläne. Doch um einen Klimacrash noch zu vermeiden, ist ein globales Sicherheits­konzept für die Menschheit erforder­lich. Das ist wichtiger als die jetzigen Anstren­gungen für „200“ na­tionale militärische Sicherheiten, welche in der Realität die­ Sicherheit eher gefährden als ver­bessern. Eine Umkehr durch Lernen aus Ver­such und Irrtum ist angesichts des kurzen verblie­benen Brems­wegs von 32 Jahren hochris­kant. Die Sicher­heit der natür­lichen Lebensgrundlagen ist bei Finanzspekulanten, Öl- und Waffenlobbyisten in den falschen Hän­den. Wir brauchen ein Lösungskon­zept, denn es gibt ein Zu­ spät.

3. Architektur einer lebensfähigen Welt mit zehn Milliarden Menschen

Die drei tragenden Säulen einer lebensfähigen Welt:

  1. Unerschöpfliche und emissionsfreie Energien für globale Energiesicherheit und Klimastabilität
  2. Wohlstand für alle Menschen:   Beendigung des weltweiten Bevöl­kerungswachstums und Entwick­lungsgerechtigkeit
  3. Neue Weltsicht: Planet Erde als Lebensraum der Menschen statt Kampfplatz der Nationen

Das Drei-Säulen-Modell ist realisierbar, und alle weiteren Probleme können innerhalb dieser Architek­tur gelöst werden. Innerhalb einer untauglichen Architektur lassen sich die kleinen und die großen Probleme nicht lösen, wie die UN-Klimakonferenzen seit 20 Jahren demonstrieren. Die hier vorge­schlagene tragende Architektur ist mit bekannten und erprobten Bausteinen realisierbar.

Säule 1: Unerschöpfliche und emissions­freie Energien für Energie­sicherheit in aller Welt und für Klimastabilität

Einer der Energieträger des von der Dii und Desertec vorgeschlagenen Energie-Mixes: Wind – Windgenerator im Bau plus Sonne, Sachsen-Anhalt – Foto © Gerhard Hofmann, Energie Zukunft

Eine Menschheit mit mehr Menschen und höherem Zivilisationsgrad als jetzt braucht mehr Energie, vielleicht das Dreifa­che. Zugleich müssen die energiebedingten Treibhausgas-Emissionen auf ca. 10% des jetzigen Niveaus gesenkt werden. Lediglich noch 3% der Energieer­zeugung dürfen dann also noch mit CO2-Emis­sionen verbunden sein. Damit scheiden die fossilen Energieträger fast voll­ständig für alle Zukunft aus. Sie wirken wie Chemiewaffen gegen die Lebensbe­dingungen späterer Generationen und sollten des­halb geächtet werden. Sie können durch erneuerbare Energien zeitgerecht ersetzt wer­den, insbe­sondere wenn man die Ener­gie der Wüsten nutzt. Etwa 80 PWh/Jahr Elektrizität (1 Petawatt = 1 Million GW) würden völlig aus­reichen. Die Sonnenenergie in brauchbaren Wüs­ten allein bietet ein Potenzial für 3000 PWh/Jahr. Zudem gibt es noch ähnlich große Potenziale an Windenergie, und eine ganze Reihe anderer Quellen mit geringe­ren aber nutzbaren Volu­men, sowie das große Potenzial der Effizienzsteigerung. Bis auf den Antrieb von Flugzeugen – Piccards Solarflugzeug kann den Luftverkehr noch lange nicht bedienen – können alle anderen Energie­dienstleistungen grundsätzlich aus emis­si­onsfrei erzeugter elektrischer Energie gewonnen werden. Das ha­ben viele Studien quantita­tiv bestätigt. Das erfordert aber eben 32 Jahre lang die tägliche Installa­tion von 4 GW an ertragrei­chen Standorten. Da an die 50% der Menschen im asiatisch-pazifischen Raum leben werden, ist die saubere Versorgung dieser Regionen entscheidend für die globale Klimastabilität. Eine der 2°C-Grenze gemäße Bereitstellung von genügend emissionsfreier Ener­gie ist realisierbar. Desertec kann jeden erforderlichen Beitrag leisten.
Folgt: Säule 2: Weltweiter Wohl­stand für Entwicklungsgerechtigkeit und Beendigung des globa­len Bevölkerungswachstums.