Lebensgefährliche Arbeitsbedingungen
Ein politisch gern benutztes Argument ist der Hinweis auf Arbeitsplätze. Doch Kohlekraftwerke sind, was die Schaffung von Arbeitsplätzen betrifft, kein nennenswerter Faktor, insbesondere im Vergleich zu erneuerbaren Energien. In Südafrika wurde zwischen 1980 und 2000 die in Kohlekraftwerken produzierte Strommenge verdoppelt. Im gleichen Zeitraum wurden mehr als 60 Prozent der Arbeitsplätze in dem Sektor abgebaut. Hinzu kommt, dass Menschen in Kohleminen unter lebensgefährlichen Bedingungen arbeiten. Das zeigt nicht zuletzt das jüngste Unglück in der Türkei: Am 13. Mai 2014 kamen in Soma fast 300 Bergleute ums Leben. Allein in den offiziell registrierten Minen Südafrikas starben zwischen 2007 und 2010 im Durchschnitt 171 Menschen pro Jahr. Nicht geringer dürfte die Zahl der Unfälle in den illegalen Minen sein. Auch die regelmäßigen Streiks der Minenarbeiter sind ein Anzeichen für Unzufriedenheit mit den vorherrschenden Arbeitsbedingungen. Die fatalen Folgen für die Gesundheit der Arbeiter, aber auch für die Umwelt sind vor allem in Südafrika gut dokumentiert.
Demgegenüber schätzt IRENA, die internationale Agentur für Erneuerbare Energien, dass im Erneuerbare-Energien-Sektor bis 2030 allein im dezentralen Bereich weltweit bis zu vier Millionen neue Jobs entstehen könnten, vorausgesetzt, die Branche wird entsprechend weiter unterstützt. Viele dieser Arbeitsplätze würden in ländlichen Regionen entstehen und zu deren Entwicklung beitragen.
Die Ankündigung von Umweltministerin Barbara Hendricks beim Klimasondergipfel im September in New York, die Finanzierung von Kohlekraftwerksneubauten in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit durch die KfW zu beenden und die „Modernisierung laufender Kohlekraftwerke […] nur noch eingeschränkt und nach klar definierten Kriterien“ zu finanzieren ist ein wichtiger erster Schritt. Jedoch gilt dies vorerst nicht für die KfW-Tochter IPEX Bank, die im Auftrag der deutschen Exportförderung handelt und den Großteil der KfW-Kohleprojekte finanziert. Inwieweit auch deren Kohlefinanzierungspraxis und in welchem Umfang Hermesbürgschaften für Kohle eingeschränkt werden, darüber streiten Umwelt- und Entwicklungsministerium noch mit dem zuständigen Wirtschaftsministerium. Eine Entscheidung, heißt es, soll noch in diesem Jahr fallen. Die Förder- und Absicherungsmöglichkeiten für Kohle durch die KfW-IPEX-Bank und Hermesbürgschaften muss schnellstmöglich beendet werden. Denn Kohleförderung hat für die betroffenen Länder auch entwicklungsrelevante Folgen, wenn sie nicht mit ODA-Mittel finanziert wird.
Zur Person: Ute Straub, Berlin, ist Referentin für ethisches Investment bei Brot für die Welt. Zur Zeit beschäftigt sie sich insbesondere mit der Kohlefinanzierung durch die KfW und Strategien für Divestment aus fossilen Energien.