Big-Oil-Lobby hat Lima vereitelt?

Shell nutzt die Klimadebatte für sich

In Lima geruhte der oberste Klima-Berater der Firma Shell einzuräumen, dass Shell gute Beziehungen zu dem berüchtigten American Legislative Exchange Council (ALEC) pflege, einem fragwürdiges Unternehmen, das darauf spezialisiert ist, mit agressivsten Mitteln alle Emissionsreduzierungsversuche bzw. entsprechende Reglementierungen zu konterkarieren. Es handelt sich dabei um den gleichen ALEC, der nach Meinung des Google-Vorstandsvorsitzenden Eric Schmidt lügt wie gedruckt, wenn es um Klimawissenschaft geht.

„Big Oil“ versucht in großem Stil, die öffentliche Meinung und die Regierungen auf nationalem und gesellschaftlichem Niveau zu beeinflussen. Ich bekam ihre Taktik weit weg von Lima vergangene Woche zu spüren, als ich das Missvergnügen hatte, dem ‘Big Energy Question Round Table‘ von National Geographic’s in Neu Delhi beizuwohnen. Dieses handverlesene Forum hatte 40 Experten für Luftverschmutzung in Indien eingeladen, um ihre Ursachen, Einflüsse auf Umgebung und Gesundheit und mögliche Lösungen zu untersuchen.

Diese kleine Zahl von Großunternehmen, deren Lobbyisten alles tun, um sämtliche Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels zu behindern, bilden das Zentrum unseres „derzeitigen kohlenstoffintensiven Modells“. Sie wissen sehr gut, dass die UN-Klimaverhandlungen ihrem Geschäftsmodell kaum etwas anhaben werden. Vier dieser Sachverständigen waren von Shell, dem prominenten Mitglied der 90 größten Luftverschmutzer der Geschichte der Menschheit.

Shell kam als Sponsor auch für die Kosten der Tagung auf. Das Shell-Logo schmiegte sich an das von National Geografic an. Und so passierte das Vorhersehbare: Die Veranstaltung wurde von Shell gekapert, und somit war sichergestellt, dass die indische Regierung nichts von Lösungen erfuhr, die nicht in erster Linie mit Öl oder Gas zu tun hatten.

Ich wollte mit eigenen Augen sehen, wie Big Oil agiert, wie sie mit Geld um sich werfen und Wissenschaftler und Experten mit wertvollen Marken zu ködern versuchen. In Neu Delhi verteilte Shell seine Repräsentanten auf den ganzen Saal, welche die Debatte kontrollierten und die stets auf dem letzten Wort bestanden. Wie sich herausstellte, bekam Shell sogar das Wort nach dem letzten Wort. Am Schluß fühlte sich ein bisher nicht genannter Shell-Repräsentant bemüßigt, das Engagement seines Unternehmens für die Stromversorgung Indiens zu betonen. Das beinhaltet vermutlich eine maßebliche Verschlechterung der ohnehin schrecklichen Umweltverschmutzung in Indien. Laut World Health Institute liegen sechs der zehn am stärksten verschmutzten Städte der Welt in Indien.

Kein Wort daüber, dass Shell alle die Aktivitäten unterstützt, die gegen Klima-Vorschriften agieren, wie die Bohrungen in der Arktis, die Vertuschung der großräumigen Umweltzerstörungen im Niger-Delta, oder die Tatsache, dass nach dem neuesten Bericht der Fossil Free Indexes, die Emissionen aus Teersanden (Öl-Produktion aus Teersanden ist weltweit die schmutzigste aller Umweltzerstörungen), die Shell zu verantworten hat, in den vergangenen 10 Jahren um das Fünffache gestiegen sind. Was Shell in Indien tat, war perfide: Sie haben den guten Ruf der Marke National Geographic (die immerhin seit 1888 ihre Leser dazu anregt, behutsam mit unserem Planeten umzugehen) benutzt, um echte Klimaschutzmaßnahmen zu verhindern.
Folgt: Die einzige Macht, die Shell etwas anhaben kann