Vier Erfolgskriterien
Als deutsche Delegation hatten wir im Vorhinein vier Erfolgskriterien festgelegt:
- Wir wollten in Lima die Grundzüge eines weltweiten Klimaabkommens fest-legen. Das ist gelungen. Im „Lima Call for Climate Action“ haben wir wesentliche Elemente eines Verhandlungstextes festgehalten, die das Gerüst für die Textverhandlungen im kommenden Jahr bilden.
- Wir wollten in Lima festlegen, welche Informationen die Staaten gemeinsam mit ihren geplanten Minderungsbeiträgen vorlegen müssen, damit diese verständlich und vergleichbar sind. Wir haben uns für klarere Vorgaben und mehr Details eingesetzt. Hier mussten wir in der Tat – bis jetzt jedenfalls – einen Kompromiss eingehen. Es gibt eine Reihe von Schwellenländern, die sich nicht in dem Umfang zu einer umfassenden Transparenz verpflichten wollten, wie wir es gerne gesehen hätten.
- Wir wollten, dass die Staatengemeinschaft schon vor dem Inkrafttreten des neuen Abkommens 2020 mehr für den Klimaschutz tut. Dieses Ziel wurde im Entscheidungstext entsprechend hervorgehoben. Aber auch hier hätte ich mir weniger Appell und mehr Handlungsorientierung gewünscht. Dass Deutschland hier glaubwürdig entsprechende Schritte geht, also zunächst bis 2020, wurde weltweit positiv wahrgenommen.
- Wir wollten Fortschritte bei der Umsetzung früherer Entscheidungen machen, insbesondere bei der Klimafinanzierung. Durch die frühzeitige Zusage Deutschlands, 750 Millionen Euro in den Grünen Klimafonds einzuzahlen, wurde eine positive Dynamik ausgelöst. Das hat dazu geführt, dass wir in Lima unser Etappenziel von zehn Milliarden Dollar sogar etwas haben überschreiten können.
Ich habe mich sehr gefreut, dass neben den klassischen Gebern jetzt auch Länder wie zum Beispiel Peru, Kolumbien, Panama, die Mongolei oder Indonesien zum Fonds beitragen.
„Jetzt steht der Ratifizierung von Kioto II durch die EU nichts mehr im Wege“
Alle vier Punkte, die wir uns vorgenommen hatten, sind erfüllt oder zumindest ein gutes Stück vorangebracht worden. Darüber hinaus wurde unser zusätzlicher Beitrag zum Anpassungsfonds in Höhe von 50 Millionen Euro gelobt. Dieser Beitrag ist gut investiertes Geld und schafft weiteres Vertrauen. Besonders erfreulich finde ich, dass wir am Rande der Verhandlungen in Lima einen Durchbruch zur Ratifizierung der zweiten Verpflichtungsperiode des Kioto-Protokolls durch die EU herbeigeführt haben. Das war die Gelegenheit, noch einmal alle zusammenzubringen. Ich glaube, es wird allseits anerkannt, dass dies ohne das monatelange Engagement Deutschlands nicht gelungen wäre. Der gefundene Kompromiss konnte vorgestern, am Mittwoch, bereits im Umweltrat politisch beschlossen werden. Jetzt steht der Ratifizierung von Kioto II durch die EU nichts mehr im Wege.
Einer der Streitpunkte in Lima war die sogenannte Firewall zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass die industrialisierten Staaten in den vergangenen zwei Jahrhunderten den Großteil, fast 80 Prozent der Summe aller CO2-Emissionen verursacht haben und darauf ihren Wohlstand aufgebaut haben. Die ärmeren Regionen, die diese Verschmutzung nicht zu verantworten haben, haben dagegen heute umso stärker mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Diese historische Verantwortung war der Grund, warum im Jahr 1997 im Kioto-Protokoll keine Reduktionsziele für Schwellenländer und Entwicklungsländer beziffert wurden. Eine Brandmauer, eine Firewall, sollte die brennende Seite von der Seite trennen, auf der es noch nicht brennt. Die ersten Löschmaßnahmen wurden auf die brennende Seite gerichtet.
Bei den Treibhausgasemissionen ist es heute so, um im Bild zu bleiben, dass es auf beiden Seiten brennt. Deshalb ergibt diese Unterscheidung keinen Sinn mehr. Die Welt im Jahr 2014 ist nicht mehr die von 1997. In der Gruppe der Schwellenländer finden sich Staaten wie China oder Indien. China ist derzeit der größte und Indien der drittgrößte CO2-Emittent der Welt; allerdings noch nicht pro Kopf, sondern wegen der schieren Menge der Bevölkerung. Über die Hälfte aller Emissionen kommt heute aus Schwellen- und Entwicklungsländern. Auch die Differenzierung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verläuft nicht mehr entlang der alten Linien und in den alten Kategorien. Dabei rede ich nicht nur von Singapur und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Zum Beispiel hat auch Malaysia heute ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als zum Beispiel Rumänien. Wir müssen deshalb zu einer neuen, differenzierteren Betrachtung der Verantwortung für den Klimaschutz kommen. Alle müssen etwas beitragen.
Folgt: „Wer mehr zur Erhitzung der Erde beiträgt, muss auch mehr beim Klimaschutz tun“