Schwellenländer bemühen sich um Eindämmung hoher Kosten für Brennstoffimporte
Während die Investitionen in Erneuerbare Energien in vielen Ländern Europas bestenfalls stagnieren, nimmt das Engagement für saubere Energielösungen in zahlreichen wichtigen Schwellen- und Entwicklungsländern weiter zu. Das gilt nicht zuletzt für den Bereich der Biokraftstoffe: Immense Kosten für den Import fossiler Rohstoffe sind ein wichtiger Ansporn für den Ersatz von schmutzigem Erdöl durch saubere Alternativen, und zwar ungeachtet der zuletzt deutlich gesunkenen Rohölnotierungen. Der Wille zum Klima- und Umweltschutz ist die zweite wichtige Triebfeder für den verstärkten Einsatz von Biokraftstoffen.
Wie Adam Brown, Erneuerbaren-Experte bei der Internationalen Energie-Agentur (IEA) in Paris betont, hat die Produktion von Biokraftstoffen auf mehreren asiatischen und afrikanischen Märkten in den vergangenen Jahren kräftig zugelegt. „Das Streben nach mehr Versorgungssicherheit und nach einer Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Treibstoffimporten hat der Förderung von Biokraftstoffen in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern Auftrieb verliehen“, unterstreicht Brown.
Denn fossile Rohstoffe belasten die Handelsbilanz vieler Länder immens. So musste etwa Indien im vergangenen Jahr laut Daten der Welthandelsorganisation (WTO) rund 44 Prozent seiner gesamten Importausgaben für die Einfuhr fossiler Treibstoffe aufwenden. Der Subkontinent hat reagiert, auch wenn die Erdölpreise zwischenzeitlich stark gesunken sind. Wie das indische Eisenbahnministerium kürzlich ankündigte, sollen die Lokomotiven auf dem Subkontinent künftig mit einer Biodiesel-Beimischung fahren. Mit einem Verbrauch von mehr als zwei Milliarden Liter Diesel pro Jahr ist die Bahn der größte Dieselverbraucher in Indien. „Das Beispiel vieler Schwellen- und Entwicklungsländer zeigt: Erneuerbare Energien rechnen sich – lokal, regional und global“, so Philipp Vohrer, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE). „Nötig ist jedoch neben dem bloßen Umstieg auf Erneuerbare auch ein Umdenken beim Energieverbrauch – und das gilt für uns in Europa ebenso wie in Übersee.“
Das Eisenbahn-Ministerium Indiens hat nun entschieden, dass die mehr als 4.000 Diesel-Lokomotiven auf dem Subkontinent künftig in ihren Treibstoffmix bis zu 5 Prozent Biodiesel aufnehmen sollen. Umfangreiche Tests sind bereits durchgeführt worden. Bedingung für den Einsatz ist, dass der Biodiesel nach-haltig produziert wurde und kosteneffizient ist. Als eine mögliche Rohstoffquelle soll in Indien der Anbau der Ölpfanze Jatropha entlang von Schienenwegen in Betracht gezogen werden.
Hohe Beimischungen schon lange Standard
Auf klassische Energiepflanzen wie Sojabohnen und Zuckerrohr zur Produktion von Biokraftstoffen setzt man in Brasilien. Laut Schätzungen des US-Agrar-ressorts in Washington steigt die Erzeugung von Biokraftstoffen in Brasilien 2015 deutlich, nämlich beim Biodiesel gegenüber dem Vorjahr um gut 2 Prozent auf 4,4 Milliarden Liter sowie bei Bioethanol zur Verwendung in Otto-Motoren um etwa 5 Prozent auf 26,9 Milliarden Liter. In Brasilien ist die Nutzung von Bioethanol viel weiter verbreitet als beispielsweise in Deutschland, wo sich die Beimischung von 10 Prozent Ethanol im Ottokraftstoff erst allmählich durchsetzt. Gleichzeitig hat Brasilien in den vergangenen Jahren parallel zur Ausweitung der Biokraftstofferzeugung erhebliche Fortschritte beim Schutz des Regen-waldes erzielt.
„Die Beispiele Brasilien und Indien zeigen, wie erfolgreich Schwellenländer bei der Einführung und bei der Nutzung von Biokraftstoff sein können. Während sich europäische Länder an den Taten und Vorhaben von Ländern wie Brasilien und Indien trotz unterschiedlicher Ausgangsbedingungen messen lassen müssen, gilt es gleichzeitig, neue Formen der Mobilität und neue Infrastrukturen zu etablieren, die sich von überkommenen Mustern lösen, die auf den privaten Pkw fixiert sind“, betont AEE-Geschäftsführer Vohrer. Eine verstärkte Elektrifizierung, sei es des Individualverkehrs in Europa oder der Bahnen in Schwellenländern, kann dies voranbringen. „Zudem muss die Entwicklung der Städte und des ländlichen Raums stärker mit Blick auf die Nutzung Erneuerbarer Energien ausgerichtet werden“, fordert Vohrer. Im Vordergrund müsse dabei auch das Energiesparen stehen.
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