Genügend Wasserstoff aus Bioabfall

Neues Konzept: Druckaufgeladene kaskadierte Wirbelschichtvergasung

Ein neues Konzept der Energieproduktion aus nachwachsenden Rohstoffen soll Biomasse nahezu vollständig in hochreinen Wasserstoff umwandeln. In Deutschland fällt gegenwärtig so viel Biomüll an – Abfälle aus der Land- und Forstwirtschaft -, dass damit der gesamte Wasserstoffbedarf Deutschlands gedeckt werden könnte, sind Bernd Jöst, Hayo Sieckmann und Hubertus Rau, Geschäftsführer des Unternehmens H2 Patent aus Bad Iburg überzeugt – sie wollen mit ihrer patentierten druckaufgeladenen kaskadierten Wirbelschichtvergasung die Wasserstoffproduktion revolutionieren. Doch die erste Anlage ist teuer.

Wasserstoff, idealer Brennstoff für Brennstoffzellen, wird in wenigen Jahrzehnten, davon sind Jöst, Sieckmann und Rau überzeugt –  neben Grünstrom die Energieproduktion völlig in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaverträglichkeit verändern und  als Energieträger Atom, Kohle, Erdöl und Erdgas ersetzen. Dabei müssten für Lebensmittelproduktion gnutzte Äcker keineswges umgewandelt werden, teilen die drei Anhänger der Wasserstoff-Energiegewinnung mit. Gedanken über den sicheren Transport von Wasserstoff haben sie sich auch bereits gemacht: Die Erdgasnetze sollen das übernehmen. Dass der Anteil von Wasserstoff im Gas aber nicht höher als 5% sein darf, könnt Probleme machen: Viele Erdgasgeräte können nicht einfach mit Wasserstoff betrieben werden.

Patent für thermochemisches Verfahren

Zur Produktion von Synthesegas aus Biomasse nutzt die H2-Patent GmbH das oben genannte eigene Patent, die druckaufgeladene kaskadierte Wirbelschichtvergasung. Um 50 MW zu erzeugen, braucht es nach eigenen Angaben einen Reaktor mit einem Meter Durchmesser und sieben Metern Höhe. Im unteren Teil wird die Biomasse auf etwa 600°C erhitzt; dabei bildet sich das Synthesegas, zusammengesetzt aus aus Wasserstoff, Kohlenmonoxid und geringen Mengen Kohlendioxid, sowie Kokspartikeln. Anschließend wird ein Druck von etwa 30 bar erzeugt (etwa zwölfmal so viel wie der Druck in einem Autoreifen), so dass das Gas in den oberen Bereich des Reaktors strömt. Die Kokspartikel verbrennen dabei, und das Gas erreicht mit einer zusätzlichen Heizung 850°. Das Kohlenmonoxid reagiert anschließend bei 350° mit Wasserdampf. Als Endprodukte bleiben Wasserstoff und Kohlendioxid übrig, letzteres wird in einem Reinigungsvorgang vom Gas getrennt.

Fraunhofer-Umsicht-Forscher: Hoher Wirkungsgrad

Es wird nur so viel Kohlendioxid wieder in die Atmosphäre zurückgegeben, wie ihr die Pflanzen beim Wachsen entnommen haben. Insoweit ist der Prozess als klimaneutral zu bezeichnen. Der Wasserstoff selbst hat eine Reinheit von 99,9%, so die Gründer von H2. Die zurückbleibende Asche, die beim Vergasen entsteht, kann als Dünger verwendet werden. Den Wirkungsgrad beziffern Tim Schulzke und Christoph Unger vom Bereich Energie des Fraunhofer-Institust für Umwelt, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) in Oberhausen, die das H2-Verfahren begutachteten, auf 72,5 Prozent. Jedoch soll die Anlage 54,4 Millionen Euro kosten. H2 kann aber nur 3,6 Millionen selbst aufbringen.

Weiteres Verfahren: bioliq®

Die bioliq®-Pilotanlage am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) läuft erfolgreich über die gesamte Prozesskette. Alle Stufen des Verfahrens sind nun miteinander verbunden: Schnellpyrolyse, Hochdruck-Flugstromvergasung, Heißgasreinigung und Synthese. Durch bioliq® wird Restbiomasse in umweltfreundliche und motorenverträgliche synthetische Kraftstoffe umgewandelt. „Dies ist ein weiterer wichtiger Baustein für den Erfolg der Energiewende“, sagte der Präsident des KIT, Professor Holger Hanselka bei der heutigen feierlichen Inbetriebsetzung der Anlage. Das KIT hat das von Bund, Land und EU geförderte Pilotprojekt mit mehreren Industriepartnern verwirklicht; die Gesamtinvestition beträgt 64 Millionen Euro.

[note Entnahme einer Probe aus der Syntheseanlage: Professor Jörg Sauer, Sprecher des bioliq®-Projekts (rechts) mit dem Betriebsleiter der Syntheseanlage, Ulrich Galla (links) und Daniel Richter (Mitte). (Foto © Dr. Thomas Zevac, KIT)]

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