Verschiedene Philosophien
Ich will nicht verhehlen: Wir haben in der Bundesrepublik verschiedene Philosophien. Es gibt eine gewisse Tendenz – wenn ich das in Anwesenheit von Landesministern so sagen darf –, dass jedes Bundesland für sich seine eigene Energieplanung macht; insbesondere, was Ausbauziele für Erneuerbare Energien angeht. Und dann gibt es wiederum eine gewisse Tendenz, die auch nicht unvernünftig ist, nämlich die Europäische Union als Gesamtmarkt zu begreifen. Wenn wir für die Bundesrepublik Deutschland verlässliche Rahmenbedingungen schaffen wollen, müssen wir diesen Rahmen immer mit Blick auf unser eigenes Land setzen, der aber auch EU-konform sein muss. Die Europäische Union arbeitet natürlich auf einen Energiebinnenmarkt hin – wir alle kennen die Probleme. Das ist von entscheidender Bedeutung, wenn wir jetzt über die notwendigen Leitungen sprechen. Denn wenn die süddeutschen Länder sagen „Wir können uns auch aus Österreich gut bedienen“ und „Was interessiert uns, dass Windenergie in Norddeutschland erzeugt wird?“, dann haben wir ein echtes Problem. Deshalb ist die Entwicklung des Netzentwicklungsplans und des Bundesbedarfsplans so wichtig.
Wir sind im Rückstand bei den sogenannten EnLAG-Leitungen. Da müssen wir schnell vorankommen, weil die großen Gleichstromleitungen zum Teil auf den sogenannten EnLAG-Projekten aufsetzen. Die Akzeptanzprobleme sind uns klar. Deshalb bitte ich gerade die Freunde der erneuerbaren Energien, uns zu unterstützen. Wir wollen nicht mehr Leitungen bauen als notwendig – darüber gibt es durchaus auch sehr kontroverse Diskussionen –, aber wir brauchen sie. Ansonsten haben wir mit den vielen Windkraftanlagen im Norden ein riesiges Problem. Deshalb ist es eigentlich ganz einfach: Wer Ja sagt zum Umstieg auf erneuerbare Energien, muss auch Ja sagen zu der dafür notwendigen Infrastruktur. Und da haben die Netze eine erhebliche Bedeutung.
Neben den Übertragungsnetzen besteht auch bei den Verteilernetzen Handlungsbedarf, denn an sie ist der überwiegende Anteil der erneuerbaren Energien angeschlossen. Die Verteilernetze werden mehr Steuerungsfunktionen wahrzunehmen haben, sie werden intelligenter werden. Das ist auch sehr wichtig für die Verfügbarkeit von Strom. Es geht dabei um weit mehr als eine Verteilung nach vorgefertigtem Muster: Erzeuger, Verbraucher, dazwischen die Leitung, durch die der Strom immer in die gleiche Richtung fließt. Das war einmal so. Längst werden viele Stromverbraucher zumindest phasenweise selbst zu Stromerzeugern, etwa mit einer Solaranlage auf dem Hausdach. Und dem müssen die Verteilernetze Rechnung tragen und flexibel zwischen bedarfsorientierter Ausspeisung und schwankender Einspeisung umschalten können. – Das auszusprechen, ist für Menschen, die die deutsche Sprache erlernen wollen, sicher fast so gut wie „Fischers Fritze“.
Für den dafür notwendigen Datenaustausch braucht man moderne und modernste Netztechnik. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir die Rahmenbedingungen auch dafür richtig setzen und gleichzeitig natürlich den Datenschutz nicht aus dem Auge verlieren. Also auf der einen Seite der intelligente Zähler, dessen Daten auf der anderen Seite möglichst nur dem Richtigen in die Hände kommen. Ansonsten gibt es Probleme.
Energieefizienz
Neben der Stromerzeugung geht es um die Energieeffizienz. Ich weiß nicht, ob der Bundesverband Erneuerbare Energie auch findet, dass jede nichtgebrauchte „Kilokalorie“ die allerbeste ist – beziehungsweise Kilowattstunde, besser gesagt. Kilokalorie war in einem anderen Zusammenhang wichtig. Also, ich stelle um auf Kilowattstunde – allerdings: Das mit der Kilokalorie pro Stunde oder pro Sekunde kann ich auch machen.
Energieeffizienz ist also die zweite Säule neben der Stromerzeugung; und diese Säule ist in den letzten Jahren auch tragfähiger geworden. Ich sage allerdings: Da ist noch viel Raum für Verbesserungen. Die Tatsache, dass wir Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch entkoppelt haben, ist zwar eine gute Nachricht. Aber wir haben es noch nicht in dem Maße entkoppelt, wie es zu entkoppeln ist. Deshalb ist es wichtig, dass wir unsere Ziele sehr genau ins Auge nehmen, nämlich den Energieverbrauch bis 2020 um 20 Prozent und bis 2050 um 50 Prozent gegenüber 2008 zu senken. Dazu haben wir den „Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz“ beschlossen.
Aber um ehrlich zu sein: Wir brauchen weitere Instrumente, um diese Ziele zu erreichen. Nach wie vor glaube ich, dass die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung eines der besten Mittel ist. Sie waren treu an unserer Seite. Ich habe noch nie in meinem ganzen Leben so ein Maß an Verbändeunterstützung gehabt – von der deutschen Bauwirtschaft und dem Handwerk über Umweltverbände bis zu den erneuerbaren Energien und dem BDI; das alles auf einer Seite, nur die Bundesländer noch nicht. Wir haben so oft vorgerechnet, dass durch die Mehrwertsteuereinnahmen viel mehr in die Kasse kommt, als die Ausfälle im steuerlichen Bereich ausmachen. Es hat alles noch nichts genutzt. Wir werden es jetzt noch einmal angehen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Ich würde mich freuen, wenn uns die Anwesenheit auch von Ländervertretern heute diesem Ziel näherbringen würde. Wir wissen, dass das KfW-Programm gut ist. Aber die steuerliche Förderung ist für Anreizsetzungen in Deutschland auch von größter Bedeutung.
Folgt: Neues Ausschreibungsmodell für Energieeffizienzmaßnahmen