Gabriels Entwurf herunter gedimmt – Greenpeace: „Ausschreibungen sind Katastrophe für Energiewende“
Ein seltener Ablauf: Zweimal wurde der Verordnungsentwurf von Bundeswirtschafts- und Energieminister wieder von der Tagesordnung des Kabinetts genommen, weil sich die Regierung wiederholt nicht über Ausschreibung und Förderung von Freiflächen für Solaranlagen einigen konnte. SPIEGEL-Online und Greenpeace Energy zufolge wurde jetzt doch ein Kompromiss erzielt, auf Kosten Gabriels.
Künftig sollen am Bau von Solaranlagen Interessierte in Auktionen gegeneinander antreten; wer den geringsten Förderungsbedarf angibt, bekommt den Zuschlag. Wenn die jetzt angeblich vorliegende Einigung zwischen Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium beschlossen wird, sollen 2015 eine Leistung von 500 MW Photovoltaik versteigert werden. 2016 dann nur noch 400 MW, 2017 300. Dabei dürfen maximal 200 ha Ackerfläche genutzt werden. Die Begrenzung geschah gegen den Willen Gabriels, der möglichst viel neue PV-Kapazität versteigern wollte – ab 2017, mit einem neuen EEG den Beihilferichtlinien der Europäischen Union für den Energiesektor folgend gar alles. Die Ausschreibungen sollen eine Art Testlauf sein.
Greenpeace Energy: Ausschreibungspflicht für Ökostrom-Anlagen bedroht Bürgerenergie
Als „Schlag gegen kleine Anlagenbetreiber und Energieanbieter“ bewertet Greenpeace Energy das Ausschreibungsdesign für PV-Freiflächenanlagen. Laut den Informationen des Energieanbieters will die Bundesregierung diese Art Förderungen nur noch über Ausschreibungen ermitteln und vergeben. Das gehe aus einem jetzt bekannt gewordenen Verordnungsentwurf hervor, der noch im Januar vom Bundeskabinett beschlossen werden soll.
„Wir lehnen Ausschreibungen ab, denn sie eignen sich grundsätzlich nicht, um die erneuerbaren Energien kostengünstig und mit breiter Beteiligung ausbauen. Das zeigen Erfahrungen in Frankreich oder den Niederlanden, wo die Kosten anders als erhofft nicht sanken und Ausbauziele am Ende nicht erreicht wurden“, sagt Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei Greenpeace Energy und Ausschreibungs-Experte beim Bündnis Bürgerenergie (BBEn). Das Bündnis setzt sich für eine möglichst breite Beteiligung der Bevölkerung an der Energiewende ein.
Transparentes Monitoring nötig
Falls das Kabinett die Ausschreibungen in der vorgelegten Form beschließen sollte, fordern Greenpeace Energy und das Bündnis Bürgerenergie zumindest ein transparentes Monitoring: „Es muss nachprüfbar sein, ob und in welchem Umfang sich Akteure der Bürgerenergie trotz der schlechten Rahmenbedingungen an Ausschreibungen beteiligen konnten“, so Keiffenheim. Falls, wie befürchtet, die Bürgerenergie nicht zum Zug kommt, solle das Verfahren dann so schnell wie möglich korrigiert werden.
„Wir befürchten, dass besonders in der jetzt gewählten Form der Ausschreibung die Bürgerenergie ins Aus gerät“, so Keiffenheim. Denn viele lokale Bürgergesellschaften und kleinere Genossenschaften – die in der Vergangenheit das Gros der Investitionen in erneuerbare Energien hierzulande geleistet haben – können künftig die finanziellen Risiken und Kosten nicht aufbringen, um sich an teuren und aufwändigen Ausschreibungsprozessen zu beteiligen. Seitens der Bürgerenergie vorgeschlagene Verbesserungen des Ausschreibungsdesigns, welche die Nachteile des Verfahrens für kleinere Akteure zumindest abgemildert hätten, wurden in der Kabinettsvorlage nicht berücksichtigt.
Dabei hatten Union und SPD noch im Koalitionsvertrag versprochen, diese Akteure der Energiewende durch die EEG-Reform zu schützen. „Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung in Sonntagsreden und publikumswirksamen Dokumenten die Akteursvielfalt bei der Energiewende hochhält – und sie dann bei der Ausgestaltung der Rechtsvorschriften untergräbt“, so Keiffenheim.
Folgt: PV-Ausschreibung als Pilotverfahren