Zur Interpretation von Energieszenarien

Aus der Zusammenfassung:

  1. Szenarien können bei richtiger Interpretation vielfachen Nutzen stiften:
    • Sie können zeigen, dass oder unter welchen Umständen gewünschte oder befürchtete zukünftige Entwicklungen eintreffen könnten.
    • Sie dienen als Mittel, um über die Energiezukunft zu diskutieren.
    • Sie können Sichtweisen aus vielen Disziplinen und von vielen Akteuren integrieren.
    • Sie können helfen, politische Handlungsalternativen zu bewerten.
  2. Mit Szenarien können Wissensbestände und Überzeugungen unterschiedlicher Akteure integriert werden. Insbesondere können Szenarien ein wichtiges Medium der gesellschaftlichen Aushandlung über gewünschte zukünftige Entwicklungen sein und Handlungsoptionen aufzeigen. Eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Erstellung von Szenarien und ihre transparente Darstellung sind wichtige Voraussetzungen hierfür.
  3. Ein Szenario beschreibt eine aus heutigem Wissen für möglich gehaltene zukünftige Entwicklung. Da sich das Wissen verändert, können bisher als unmöglich eingeschätzte zukünftige Entwicklungen möglich werden und umgekehrt.
  4. Szenarien sind weder deterministische Prognosen noch Wahrscheinlichkeitsprognosen. Mit einer deterministischen Prognose wird behauptet, dass etwas mit Sicherheit der Fall sein wird. Eine Wahrscheinlichkeitsprognose drückt aus, dass etwas mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit der Fall sein wird.
  5. Der Möglichkeitsraum des zukünftigen Energiesystems ist zu groß und hochdimensional, um vollständig dargestellt werden zu können. Ein Szenario beschreibt nur einen spezifischen Zukunftspfad und stellt damit einen Ausschnitt aus dem Möglichkeitsraum dar.
  6. In Szenarioanalysen besteht eine Schwierigkeit in der gut begründeten Auswahl der betrachteten Szenarien. Eine Strategie zur Fokussierung ist die Erstellung „explorativer Szenarien“. Ausgehend von der Gegenwart werden hierbei mögliche Entwicklungen ergebnisoffen identifiziert. Eine andere Strategie besteht in der Formulierung von „Zielszenarien“. Hierbei werden nur solche Szenarien betrachtet, die bestimmte normative Kriterien – etwa die Erreichung eines bestimmten Ziels – erfüllen.
  7. Szenarien von komplexen Systemen wie dem Energiesystem werden meist mit Computermodellen berechnet. Hierfür müssen Rahmenannahmen für alle exogenen Größen des Modells getroffen werden. Für jedes Szenario müssen diese Annahmen konsistent mit dem relevanten Wissen sein. Nur wenn diese Anforderung erfüllt ist und auch das Modell eine hinreichend konsistente Repräsentation des realen Systems ist, stellen die berechneten Szenarien mögliche Zukunftspfade dar.
  8. Wenn-dann-Aussagen sind eine entscheidende Grundlage von Szenarien, indem mit ihnen insbesondere die Wechselwirkungen im betrachteten System beschrieben werden. Auch die Schlussfolgerung in einem Szenario kann als Wenn-dann-Aussage formuliert werden, etwa wenn die Abhängigkeit einer zukünftigen Entwicklung von einer Maßnahme ausgedrückt werden soll. Dies ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn der Adressat des Szenarios das Eintreten und damit die Unsicherheit des Wenn-Teils beurteilen kann.
  9. Ein Anwendungsbereich von Szenarien ist die Analyse von Effekten einer bestimmten (politischen) Handlung, ein anderer die Identifikation robuster Entwicklungen. Dies geschieht zum Teil auch durch den Vergleich verschiedener Szenariostudien (Metaanalyse). Jedoch fehlen derzeit noch Kriterien, um Robustheit zu beurteilen, da selbst eine Fülle von Szenarien den Möglichkeitsraum nur unvollständig abdeckt.

Folgt: Fazit