Der BDEW und sein unaufhörliches Streben nach Kapazitätsmärkten

Kommentar von Sandra Enkardt – pv magazine

Der Verband feiert, dass sich nun Frankreich entschieden hat, Kapazitätsmärkte einzuführen. In Deutschland beißt der BDEW mit diesem Ansinnen auf Granit. Deshalb sieht der Verband nun in der Reform des Strommarktdesigns auch keine nationale, sondern eine europäische Herausforderung.

Rauch-Wasserdampf-Fahne Kraftwerk Reuter-West und Müllverbrennungsanlage, Berlin – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) macht seit Monaten massiv Werbung für die Einführung eines Kapazitätsmarkts in Deutschland. Der sonst so erfolgsverwöhnte Verband, zumindest wenn es darum geht bei der Regierung Gehör für seine Interessen zu finden, beißt sich damit gerade aber die Zähne aus. Erst in den vergangenen Tagen hatten sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) öffentlich ihre ablehnende Haltung zur Einführung von Kapazitätsmärkten kundgetan. In dem vorgelegten Grünbuch für ein neues Strommarktdesign des Bundeswirtschaftsministeriums wird ebenfalls offensiv von der Einführung von Kapazitätsmärkten abgeraten und eher eine Weiterentwicklung des bestehenden Systems favorisiert.

Doch wer den BDEW kennt, der weiß auch, dass der Verband die Flinte nicht so schnell ins Korn wirft. Da kommt die Ankündigung aus Frankreich gerade recht: Das Land, das vor allem auf Atomstrom setzt, will einen Kapazitätsmarkt einführen. Neben Großbritannien wäre es dann das zweite europäische Land, das sich dafür entscheidet. Für den BDEW reicht das aus, um nun auch für Deutschland wieder einen solchen zu fordern. Also wenn sich die deutsche Politik querstellt, warum dann nicht gleich an der europäischen Schraube drehen? Und wie so oft hat der BDEW natürlich auch schon das passende Konzept in der Schublade.

[note BDEW-Hauptgeschäftsführerin Hildegard Müller zur angekündigten Einführung eines Kapazitätsmarktes in Frankreich: „Wie das französische Energieministerium heute bekannt gegeben hat, will neben Großbritannien nun auch Frankreich einen Kapazitätsmarkt einführen, um in Zukunft die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Mehr als ein Dutzend europäischer Staaten beschäftigt sich aktuell mit diesem Thema. Längst ist deutlich geworden, dass die Reform des Strommarktdesigns keine nationale, sondern eine europäische Herausforderung ist. Strom macht nicht an Grenzen halt. Es ist deshalb wichtig, dass die von der Bundesregierung angestoßene Debatte um das zukünftige Strommarktdesign ergebnisoffen und mit einer klaren europäischen und grenzüberschreitenden Perspektive geführt wird. Der vom BDEW entwickelte dezentrale Leistungsmarkt unterstützt und fördert die Weiterentwicklung des europäischen Energiebinnenmarktes. Der Branchenvorschlag ist europakompatibel und setzt ausdrücklich auf die Einbindung ausländischer Kapazitäten in den dezentralen Leistungsmarkt.“]

Die vorgebrachten Argumente gegen die Einführung von Kapazitätsmärkten nimmt der BDEW mit keiner Silbe auf. Dabei zeigen die Studien, die im Zuge des Grünbuchs des Bundeswirtschaftsministeriums erstellt wurden, dass Kapazitätsmärkte deutlich teurer wären als ein optimierter Strommarkt, der sogenannte Strommarkt 2.0. Die Wissenschaftler betonen dabei auch, dass der deutsche Strommarkt grundsätzlich funktionsfähig ist und die Versorgungssicherheit gewährleisten kann. Aber warum sollte der BDEW darauf auch eingehen? Er will ja auch in Deutschland künftig einen Kapazitätsmarkt etablieren und somit die Finanzierung der alten fossilen Kraftwerke der Energieversorger sichern.

->Quellen: