Die Turbo-Elektrode

Auf die Oberfläche kommt es an

Bei der Elektrolyse kommt es ganz besonders auf die chemische Beschaffenheit der Elektroden-Oberfläche an. Benötigt wird ein guter Elektroden-Katalysator – ein Material, das an seiner Oberfläche die Aufspaltung des Wassers erleichtert. In der BESSY-Forschungsanlage konnten die Chemiker die Untersuchungen erstmals direkt während des Elektrolyse-Prozesses durchführen. Mit einem besonders intensiven Röntgenstrahl mit sehr präzise definierter Energie werden dabei an der Elektrodenoberfläche Elektronen aus dem Material geschlagen. So lässt sich der chemische Zustand und die atomare Zusammensetzung der Oberfläche ermitteln.

Gemessen wurde Tag und Nacht, im Schichtbetrieb. Nach einigen anstrengenden Messtagen beobachtete das Team etwas Erstaunliches: Aus dem Perowskit treten Eisenatome aus, die dann an der Oberfläche nicht mehr als Sauerstoff-Verbindung, sondern in metallischer Form vorliegen. Gleichzeitig steigt die bei der Elektrolyse erzeugte Wasserstoffmenge drastisch an – die Elektrode arbeitet plötzlich viel effizienter. Schaltet man die Spannung ab, wird das Eisen vom Perowskit wieder aufgenommen.

„Mit herkömmlichen elektrochemischen Modellen lässt sich das Verhalten nicht erklären“, sagt Alexander Opitz von der TU Wien (dessen Dissertation von der Fachgruppe Angewandte Elektrochemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker 2011 als herausragende wissenschaftliche Arbeit ausgezeichnet wurde). „Klar ist aber, dass die Materialveränderungen mit den verbesserten Katalyse-Eigenschaften des Materials zusammenhängen. Aber ob die Eisenpartikel, die sich an der Oberfläche bilden, dafür verantwortlich sind, oder doch die zurückbleibende Oxidkeramik, das müssen wir erst herausfinden.“

Interdisziplinär zu neuen Energiespeichern

Die Ergebnisse wurden nun im Fachjournal Angewandte Chemie International Edition publiziert. Sie sind ein wichtiger Schritt für das Verständnis von Katalyse-Prozessen, welche die thermisch unterstützte Wasser-Elektrolyse eines Tages zur effizienten Energiespeichermethode machen sollen. Besonders für alternative Stromquellen wie etwa Windkraftanlagen, die nicht zu jeder Zeit gleich viel Strom liefern, wäre Hochtemperatur-Elektrolyse und ein Wasserstoff-Energiespeicher eine attraktive Lösung.

Entscheidend für das Gelingen des Projekts war die interdisziplinäre Zusammenarbeit unterschiedlicher Forschungsgruppen: Das Team von Prof. Jürgen Fleig (TU Wien) lieferte das Know-how für die elektrochemischen Fragestellungen und den Probenaufbau, die Forschungsgruppen von Prof. Günther Rupprechter (TU Wien) und Prof. Bernhard Klötzer (Uni Innsbruck) steuerten die Expertise für Röntgenspektroskopie und Synchrotronmessungen bei. Nur durch die Verbindung dieser beiden Gebiete gelang die direkte spektroskopische Beobachtung von oberflächenchemischen Prozessen und deren Auswirkung auf elektrochemische Vorgänge.

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