E.ON will Irsching stilllegen – Schlag für Seehofers Stromkonzept
Europas modernstes Gaskraftwerk Irsching bei Ingolstadt erzeugte im vergangenen Jahr nicht einmal eine Kilowattstunde für den Strommarkt – ist also laut Betreiber E.ON -verständlicherweise- nicht rentabel und soll stillgelegt werden. Die bayerische Staats- und die Bundesregierung sind dagegen und wollen das verhindern, werfen aber einander vor, der jeweils andere verschärfe die Probleme der Energiewende. Energieminister Gabriel deutete gar an, dass er den E.ON-Antrag für einen Winkelzug halte. Das meldet die Tagesschau auf ihrer Internetseite (Oliver Mayer-Rüth).
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hofft, dass Irsching nicht vom Netz geht – Seehofer auch, denn sein Energiekonzept baut auf Gaskraftwerke für die Versorgungssicherheit. „Es kann nicht sein, dass Irsching vom Netz geht, während veraltete Kohlekraftwerke weiterlaufen“, sagte Seehofers Wirtschaftsministerin Aigner in München.
Bundesnetzagentur kann Weiterbetrieb anordnen
Die Gabriel unterstehende Bundesnetzagentur muss nach Eingang des Antrags auf Stilllegung prüfen, ob die beiden erst seit fünf Jahren betriebsfertigen Blöcke 4 und 5 so wichtig für die Stabilität der Stromnetze seien, dass die Agentur einen Weiterbetrieb anordnet – das kann sie nämlich. Irsching würde dann in die so genannte Reserve-Kraftwerksverordnung aufgenommen und bekäme dafür Geld.
Mayer-Rüth: „‚Energiewende‘ – derzeit nicht der Lieblingsbegriff von CSU-Chef Seehofer“. Seehofer und seine Wirtschaftsministerin Aigner wollen sich mit Gaskraftwerken unabhängiger von den in Bayern umstrittenen geplanten Stromtrassen machen, die Windstrom aus dem deutschen Norden nach Süddeutschland bringen sollen. Gegen den längst zwischen Bund und Ländern vereinbarten Bau dieser Trassen wehrt sich Seehofer seit geraumer Zeit.
Der Ober-Bayer sagte dem Korrespondenten des ARD-Hauptstadtstudios, es sei „ein Treppenwitz“, dass das modernste Gaskraftwerk Europas stillgelegt werden solle, damit alte Kohlekraftwerke weiterlaufen könnten – und das nur, weil nicht entschieden sei, unter welchen Bedingungen konventionelle Kraftwerke weiterbetrieben werden sollten. Seehofer schiebt – wen wundert’s – den Schwarzen Peter nach Berlin. Und fordert zum wiederholten Mal einen Kapazitätsmarkt – der wiederum würde die Stromkunden bis 2030 15 Mrd. Euro mehr kosten und ist nicht nur unter den Stromkonzernern selbst hoch umstritten.
Seehofer: Gabriel soll „dringend Gesamtschau“ des Kolaitionsbeschlusses umsetzen
Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel müsse so schnell wie möglich Klarheit schaffen, wie es mit den konventionellen Kraftwerken weitergehen solle, so Seehofer weiter. Er müsse auch „dringend“ umsetzen, was am 24.02.205 im Koalitionsausschuss entschieden worden sei: eine „Gesamtschau“, wie Strom gespart, in konventionellen Kraftwerken produziert und transportiert werden könne.
Der Protest gegen die gelanten HGÜ-Stromtrassen in Bayern hat zwar gewirkt, die CSU hat sich quer gelegt. Seehofer dürfte den Vorwurf des Populismus spitzbübisch lächelnd beschweigen. Doch der Betrieb von Gaskraftwerken lohnt sich für die Betreiber einfach nicht mehr. Gasstrom ist teurer als die umlage-geförderten Erneuerbaren Energien, und selbst Kohle-Elektrizität ist billiger, wenn auch schmutzig und umweltschädlich.