Gabriels Leitmotiv: „Kein Hartz IV für konventionelle Kraftwerke“
Der Verband der kommunalen Unternehmen (VKU), in dem vor allem Stadtwerke organisiert sind, fordert Gabriel schon seit einiger Zeit dazu auf, Voraussetzungen für Gaskraftwerke zu schaffen, damit diese wieder rentabel werden. Dazu gehören vor allem Kapazitätsmarkt – Betreiber würden dann (aus dem Strompreis finanziert) dafür bezahlt, dass sie Kraftwerks-Kapazität für die Versorgungssicherheit und Netzstabilität vorhalten.
Doch Gabriel sieht spätestens seit dem Erscheinen des Grünbuch-Entwurfs keinen Bedarf für Kapazitätsmärkte. Denn Gabriel und sein Energie-Staatssekretär Baake sind überzeugt, dass Kapazitätsmärkte zusätzliche Subventionen für fossile Kraftwerke, also auch Gaskraftwerke, bedeuten würden. Mit seinem Lieblichsmotto dazu „kein Hartz IV für konventionelle Kraftwerke“, strapaziert der Energieminister regelmäßig die Humorfähigkeit betroffene Gemeinde. Gabriel und Baake glauben eher an eine Marktbereinigung. Nach Stilllegung verschiedener Kraftwerke könnten die übrigen rentabel laufen.
Gabriel forderte seinerseits Seehofer erneut auf, seinen Widerstand gegen die geplanten Höchstsoannungsleitungen aufzugeben: „Was wir dringend brauchen, ist der Ausbau der Energienetze auch in Bayern“, sagte Gabriel und fand es etwas merkwürdig, öffentlich neue Gaskraftwerke zu fordern, „wenn wir gerade merken, dass ein hochmodernes Gaskraftwerk nicht wirtschaftlich ist, und wir es letztlich nur für unsichere Zeiten brauchen“.
Kommentare in den Medien: „Energiewende ad absurdum“
Barbara Schmidt-Mattern zieh Seehofer im Deutschlandfunk zumindest der Schuld daran, „dass die hochgelobte und mit so vielen Erwartungen gespickte Energiewende in Deutschland gerade ad absurdum geführt wird – sei es die Posse um Irsching, oder der Streit um neue Stromtrassen, die Seehofer in der Großen Koalition in Berlin bislang blockiert.“ Politik und Energiekonzerne kämen ihrer Verantwortung schon lange nicht mehr nach: „Obwohl Klimakiller Nummer Eins, gibt es für die zig Kohlekraftwerke im Land bisher kein Ausstiegsszenario“. Gabriel attestiert die Kommentatorin „einen ärgerlichen Zickzackkurs“. Die Energiekonzerne nutzten den politischen Stillstand inzwischen für ihre Zwecke: „Mal fordern sie mehr Subventionen, mal drohen sie mit Klagen, oder aber mit Abschaltung – um ihre gebeutelten Bilanzen aufzubessern. Mit Ruhm bekleckern sich die Unternehmen also auch nicht gerade.“
„Das Ende der Kuschelphase“
„Die Auseinandersetzung zwischen CSU und SPD um das Gaskraftwerk Irsching zeigt: In der Koalition wird das Klima rauer. Die Union will ihr Profil schärfen und sucht nun verstärkt den Konflikt mit den Sozialdemokraten“, analysiert Charlie Grüneberg, vom Bayerischen Rundfunk ins ARD-Hauptstadtstudio erntsandt, die Lage. Er findet Seehofers Vorwurf, Gabriel sei schuld, weil er Entscheidungen über die Zukunft konventioneller Kraftwerke aufschiebe, „zumindest überraschend. Schließlich war bislang Seehofer als großer Bremser der Energiewende bekannt.“ Seehofer habe von Gabriel mehr Zeit für einen Bürgerdialog gefordert; der sei zwar abgeschlossen, habe aber keine Antwort gebracht.
Der Konflikt, der in den nächsten Wochen eher schärfer werde, steht laut Grüneberg „für das Ende der Kuschelphase: Zu lange hat die Union zugesehen, wie die SPD ein Projekt nach dem anderen umsetzte. Nun wollen CDU und CSU Gegenpositionen festlegen, so beim Solidaritätszuschlag und beim Kindergeld, wo Finanzminister Schäuble auf Konfliktkurs geht. Oder eben bei der Energiewende, wo CSU-Chef Seehofer nicht mehr länger Lust hat, als Saboteur der Energiewende dazustehen.“
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