Neue Stadtklimasimulation unterstützt Städte bei der Klimaanpassung
Die Klimaveränderung hin zu höheren Temperaturen ist zumindest für die kommenden 100 Jahre unumkehrbar. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) unterstützt deshalb ab sofort die rund 2000 kleinen und mittelgroßen Städte in Deutschland mit Stadtklimasimulationen zur effizienten Anpassung an den Klimawandel.
„Städte als Lebensraum sind besonders verwundbar gegenüber den Folgen des Klimawandels, da sie zum Beispiel in Deutschland Lebens- und Arbeitsmittelpunkt für mehr als 70 Prozent der Bevölkerung sind. Es geht deshalb darum, Schäden für die Bevölkerung und Infrastruktur durch den Klimawandel zu reduzieren oder zugespitzt formuliert: Leben zu retten.“ Das erklärte Dr. Paul Becker, Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes, bei der jährlichen Klima-Pressekonferenz des DWD am 20.03.2015 in Berlin. Das neue kostenlose Online-Angebot des DWD kann von Stadtplanern, Kommunalpolitikern aber auch interessierten Bürgerinnen und Bürgern im Internet unter www.dwd.de/inkas genutzt werden.
Die Hitzewelle 2013 hat zwischen 3000 und 6000 Menschen des Leben gekostet – ein Bedrohungsszenario
Die Stellschrauben, mit denen die Klimaanpassung in der Stadtentwicklung erfolgreich umgesetzt werden kann, seien seit Langem bekannt. Dazu gehörten der Erhalt und Ausbau von Grün- und Wasserflächen, die Begrünung von Fassaden und Dächern und die Verwendung klimagerechter Baumaterialien. Wie sich das Drehen an den Schrauben auswirke und welchen Einfluss Bauvorhaben auf das Stadtklima haben, könne mit Klimamodellen gut simuliert werden. Becker: „Das Problem ist aber, dass vor allem die Mittel- und Kleinstädte kaum über die notwendigen Klimauntersuchungen und Experten vor Ort verfügen. Hier wollen wir mit der Stadtklimasimulation INKAS Hilfe zur Selbsthilfe leisten.“ Die Datenbasis bilden derzeit mehr als tausend Stadtklimasimulationen des DWD für modellhafte Städte und Stadtquartiere. Die Simulation wird Schritt für Schritt zu einem umfassenden Beratungsinstrument ausgebaut.
Mit INKAS könnten für typische Bebauungsstrukturen wie Blockbebauung, eine mittelalterliche Altstadt oder eine Reihenhaussiedlung die Auswirkungen unterschiedlicher städtebaulicher Maßnahmen in wenigen Schritten analysiert und verglichen werden. Becker: „Unter dem Strich stellt INKAS dann dar, wie sich die Überwärmung in der Stadt mindern lässt. Wir wollen damit die Planer befähigen, die für ihre Stadt sinnvollsten Klimaanpassungsmaßnahmen zu identifizieren und zum Beispiel mit einer Kosten-Nutzen-Analyse zu verknüpfen.“
Der Trend zu einem wärmeren Klima ist ungebrochen – 2014 erneut mit Wärmerekord
Die Bilanz 2014 des DWD unterstreiche die Dringlichkeit, sich auf den Klimawandel einzustellen. Weltweit betrachtet war 2014 mit einer globalen Mitteltemperatur von 14,57 °C das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. 14 der 15 global wärmsten Jahre fallen ins 21. Jahrhundert. Zugleich waren die drei vergangenen Jahrzehnte jeweils wärmer als alle vorangegangenen Dekaden seit 1850. Auch Deutschland konnte sich dem, das zeigen die Auswertungen des DWD, im vergangenen Jahr nicht entziehen. Die Jahresmitteltemperatur 2014 erreichte hierzulande mit 10,3 °C einen Rekordwert und lag damit 2,1 Grad über dem vieljährigen Mittelwert von 8,2 °C der internationalen Referenzperiode 1961-1990. 2014 war zugleich 0,4 Grad wärmer als die bislang wärmsten Jahre 2000 und 2007. Ein solcher Sprung sei in den Ranglisten des DWD selten.
DWD-Klimaexperte Dr. Thomas Deutschländer: „Die vergangenen Jahrzehnte zeigen, dass der Trend zu einem wärmeren Klima nicht nur global, sondern auch in Deutschland ungebrochen ist.“ So seien mittlerweile sieben der zehn wärmsten Jahre hierzulande seit dem Jahr 2000 aufgetreten. Bis auf 2013 gehörten alle bisherigen Jahre dieses Jahrtausends zu den Top 30 der bis 1881 zurückreichenden Temperaturrangliste des DWD. Das hinterlasse auch deutliche Spuren in der nationalen Klimastatistik: So liege die Mitteltemperatur des auf die Referenzperiode 1961-1990 folgenden Zeitraums 1991-2014 inzwischen statt bei 8,2 °C schon bei 9,1°C. Insgesamt ist es seit 1881 in Deutschland um 1,3 Grad wärmer geworden.
Viele andauernd warme Perioden seit dem Jahr 2000 in Deutschland
Der DWD hat die Klimastatistik aber erstmals auch aus einer anderen Perspektive ausgewertet. Statt starr Kalenderjahre zu betrachten, wurden Witterungsperioden herausgefiltert, in denen unabhängig vom Anfangs- und Endzeitpunkt mindestens 12 aufeinanderfolgende Monate mit maximal einem Monat Unterbrechung zu warm oder zu kalt waren. Das Ergebnis sei eindeutig: Es gebe in Deutschland eine Häufung warmer Phasen in der zweiten Hälfte des von 1881 bis heute reichenden Beobachtungszeitraums. Das gilt vor allem seit dem Jahrtausendwechsel. Während in der ersten Hälfte der Zeitreihe lediglich Mitte der 1930er Jahre ein anhaltend zu warmer Witterungsabschnitt registriert wurde, traten solche Episoden seitdem insgesamt elf Mal auf – davon sieben Ereignisse allein seit dem Jahr 2000. Zu kalte Witterungsperioden gab es überhaupt nur zwei Mal und nur bis etwa 1910. Deutschländer: „Nur wer deutlich älter als 100 Jahre ist, hat solche länger andauernden zu kalten Perioden in Deutschland noch erlebt.“
Dieser neue Blick auf die Klimadaten sei ein zusätzlicher eindrucksvoller Beleg, dass es in Deutschland wärmer wird. Deutschländer: „Der Blick in die Vergangenheit ist zugleich eine starke Bekräftigung unserer Erwartung, dass künftig mit der weiteren Erderwärmung warme Witterungsabschnitte noch häufiger auftreten werden.“
->Quelle: dwd.de