Becker Büttner Held bereitet Klage wegen Beihilfe für geplantes britisches AKW vor
Im Oktober des letzten Jahres hat die EU-Kommission eine lang andauernde Beihilfe für das geplante britische Atomkraftwerk Hinkley Point C (siehe: solarify.eu) genehmigt. Nun hat der Stromversorger Greenpeace Energy beschlossen, mit Hilfe der prominenten deutschen Energierechtskanzlei Becker Büttner Held (BBH) gegen diese Entscheidung gerichtlich vorzugehen (Siehe solarify.eu/greenpeace-energy-klagt). Weitere kommunale Energieversorger, wie die Stadtwerke Schwäbisch Hall, überlegen sich ebenfalls an der Klage zu beteiligen.
Nicht weniger als 35 Jahre lang soll das geplante neue Kernkraftwerk Hinkley Point im Südwesten Englands subventioniert werden, so will es die britische Regierung. Rückendeckung dafür hat sie von der EU-Kommission bekommen, die im Oktober vergangenen Jahres grünes Licht für ein Beihilfepaket über umgerechnet etwa 23 Milliarden Euro gegeben hat. Dies hat zur Folge, dass die AKW-Betreiber ab 2023 einen zugesicherten Garantieabnahmepreis für den produzierten Strom bekommen, der über dem normalen Marktpreis liegt.
12,8 Cent plus Inflationsausgleich pro kWh
Die britische Regierung zahlt über den sogenannten Contract for Difference (CFD) eine feste Einspeisevergütung: Jede Kilowattstunde Atomstrom aus Hinkley Point C soll mit umgerechnet 12,8 Cent vergütet werden – plus Inflationsausgleich. Hinzu kommen eine Reihe weiterer erheblicher staatlicher Hilfen, wie eine Garantie im Fall von politisch begründetem Shut-down. Eine Kreditbürgschaft durch die britische Regierung, eine großzügige Bewertung der späteren Rückbaukosten sowie die Tatsache, dass keine Ausschreibung stattgefunden hat, komplettieren das Gesamtschema.
Mit einer Gesamtleistung von 3.260 Megawatt werden dann etwa sieben Prozent der hochsubventionierten Stromerzeugung in und aus Großbritannien auf den europäischen Strombinnenmarkt kommen und sich negativ auf diesen auswirken. Außerdem stellt die Entscheidung der Kommission eine Art „Blueprint“ für Begehrlichkeiten in Nachbarländern zu Deutschland wie Polen und der Tschechischen Republik, aber auch in der Slowakei und Slowenien, dar – auch deswegen, weil weitere Atomkraftwerksbauten unter dem CFD-Mechanismus von der britischen Regierung bereits geplant sind. Die Website des Department of Energy and Climate Change (DECC) zeigt anschaulich, wo diese Kraftwerke in Zukunft stehen könnten.
Nicht mit europäischem Wettbewerbsrecht vereinbar
Die Mandanten von BBH bezweifeln, dass die Subventionierung von Hinkley Point mit dem europäischen Wettbewerbsrecht vereinbar ist. Vielmehr sehen sie in der Entscheidung eine faktische Beendigung des Binnenmarktes Strom. Die Kommission hat die Genehmigung der Beihilfe auf die Korrektur eines Marktversagens für ein Unterfangen im gemeinsamen europäischen Interesse im Sinne des Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV begründet. „Weder hat der Strommarkt versagt, noch liegt ein gemeinsames Interesse vor“, erklärt Dr. Dörte Fouquet, die das Mandat für BBH federführend betreut. „Der europäische Trend geht ganz klar in Richtung Ausbau der Erneuerbaren Energien und Ausstieg aus der Atomkraft. Die Kommission hat die Bestimmungen des Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV unter mehrfachen Aspekten falsch angewendet.“
Insbesondere die Stellungnahmen mehrerer Mitgliedstaaten im Prüfverfahren vor der Entscheidung der EU Kommission und vor allem die klare und dezidierte Bewertung durch Österreich, welche diese gemeinsam mit einem Grundsatzgutachten der Partnerin Dr. Dörte Fouquet der Kanzlei BBH an die Kommission gesandt hatte, hat explizit die Nicht-Begründbarkeit eines gemeinschaftlichen europäischen Interesses an Atomkraftneubau- und Betriebsförderung dargelegt.
Folgt: „Beihilfen sollen Marktversagen korrigieren – und nicht herbeiführen“