Gabriel soll Weg für versprochene ökologische Stromvermarktung frei machen
Ein Bündnis mehrerer Energieversorger und Verbände fordert die Bundesregierung auf, ein alternatives Direktvermarktungsmodell für Ökostrom endlich zu ermöglichen. „Minister Gabriel hat ein Dreivierteljahr nach der jüngsten EEG-Reform noch immer nicht die dort vorgesehene Verordnung für ein Marktmodell erlassen, das es Verbrauchern ermöglicht, direkt Ökostrom aus konkreten Anlagen zu beziehen“, erklärten die Unternehmen Clean Energy Sourcing, EWS Schönau, Greenpeace Energy, MVV Energie AG und Naturstrom AG im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin.
Verbraucher können aufgrund geltender Vermarktungsregeln derzeit nicht klar erkennen, woher der von ihnen bezogene EEG-Strom stammt. Wegen der EEG-Vorschriften nimmt Strom aus Wind- und Solaranlagen momentan fast ausschließlich den Weg über die Börse, wo er seinen grünen Herkunftsnachweis verliert und als so genannter „Graustrom“ unbekannter Herkunft weiterverkauft wird. „Der wertvolle Strom aus Windkraft- und Solaranlagen darf nicht an der Börse verramscht werden, sondern muss ohne Umwege an Kunden geliefert werden können“, sagt Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy.
Die Unternehmen halten mit einem alternativen Vermarktungsmodell dagegen und fordern die Einführung des von ihnen entwickelten Grünstrom-Markt-Modells“ (GMM). Dieses sieht direkte Lieferbeziehungen zwischen Ökostrom-Anlagen, Versorgern und Kunden vor, ohne EEG-System und Strombörse zu nutzen. Der Vorteil: Der Verbraucher kann klar erkennen, dass er mit echtem Grünstrom aus konkreten Anlagen beliefert wird. Inzwischen unterstützen rund 30 Unternehmen und Verbände das Modell, das zudem quer durch alle Bundestagsfraktionen zahlreiche Befürworter findet.
Umfrage belegt: Verbraucher befürworten grüne Vermarktungsalternative für Ökostrom
Auch eine große Mehrheit der Verbraucher befürwortet eine grüne Vermarktungsalternative für Ökostrom, wie eine aktuelle Emnid-Umfrage im Auftrag von Greenpeace Energy belegt. In der repräsentativen Erhebung geben 68 Prozent der befragten Verbraucher an, dass ihr Vertrauen in die Energiewende gestärkt werden würde, wenn sie sicher wüssten, woher von ihnen bezogener Ökostrom stammt. 60 Prozent wünschen sich zudem, mit dem eigenen Stromtarif direkt Erneuerbare-Energien-Anlagen in der Region fördern zu können. Beides erlaubt das GMM. „Um die Energiewende in Deutschland zum Erfolg zu führen ist es unabdingbar“, so Tangermann, „die Akzeptanz in der Bevölkerung durch transparente Vermarktungswege zu steigern – denn das Vertrauen in der Bevölkerung kommt nicht von selbst.“ Laut Emnid-Umfrage identifizieren sich 32 Prozent der Befragten „stark“ bis „sehr stark“ mit den Zielen der Energiewende, 22 Prozent allerdings „wenig“ bis „gar nicht“.
„Die Bundesregierung sollte Unternehmen eine Alternative zum Graustrom-Bezug über die Börse eröffnen“, sagt Dr. Sebastian Bolay, Referatsleiter Strommarkt und erneuerbare Energien beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag, „umso mehr, da mit dem Grünstrom-Markt-Modell ein praktikables Modell für eine grüne Direktvermarktung bereits existiert.“ Der DIHK ist für eine schnelle Einführung einer alternativen Ökostromvermarktung, so Sebastian Bolay, „weil dieses eine direkte Grünstrombelieferung erlaubt, die für Unternehmen attraktiv ist.“
Transparenz für Verbraucher und dezentrale Versorgungskonzepte
Neben mehr Transparenz für Verbraucher ermöglicht das Grünstrom-Markt-Modell auch dezentrale Versorgungskonzepte. „Damit erleichtert es vor allem kleineren Akteuren der Bürgerenergie, sich weiterhin mit eigenen Projekten für Stromerzeugung, Übertragung und Versorgung an der Energiewende zu beteiligen“, sagt Dr. Thomas Banning, Vorstand der Naturstrom AG und des Bündnis Bürgerenergie e.V. „Wer Bürgerenergie will, darf nicht alles den großen Konzernen überlassen, sondern muss ökologisch ausgerichtete, regionale Versorgungskonzepte ermöglichen“, so Banning. Laut aktueller Emnid-Umfrage würde bei 78 Prozent der Verbraucher das Vertrauen in die Energiewende wachsen, wenn – etwa durch eine alternative Grünstromvermarktung – kleine Anbieter gestärkt und dezentrale Netze ermöglicht werden.
Das GMM bringt als weiteren Vorteil auch einen energiewirtschaftlichen Nutzen mit sich, wenn Versorger mit den Schwankungen von Wind- und Sonnenenergie konfrontiert werden – denn das Modell setzt finanzielle Anreize, Stromnachfrage und Stromproduktion besser aufeinander abzustimmen. Bei 75 Prozent der Verbraucher würde dies die Identifikation mit der Energiewende verbessern. „Zudem fragen immer mehr Kunden nach attraktiven und wirtschaftlichen Ökostromprodukten mit einem konkreten und transparenten Herkunftsnachweis, die sich dadurch bei der ökologischen Qualität positiv abheben“, sagt Dr. Holger Krawinkel, Leiter Customer Experience und Innovation bei der MVV Energie AG, „das gilt auch für die Versorgung von großen Kundengruppen.“
Ob Stromkunden in Deutschland künftig tatsächlich über das Grünstrom-Markt-Modell direkt und nachvollziehbar mit Ökostrom versorgt werden können, darüber entscheiden die kommenden Wochen. „Die Zeit drängt, denn 2017 soll das EEG erneut reformiert werden“, sagt Krawinkel. Damit ein alternatives Marktmodell überhaupt noch seine Wirkung entfalten kann, so das Fazit des Branchenbündnisses für das Grünstrom-Markt-Modell, müsse Minister Gabriel jetzt endlich Farbe bekennen – und die entsprechende, im EEG 2014 vorgesehene Verordnung in den nächsten Wochen unterschreiben.
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