Graßl in Diskussion mit Studenten
Die Verbindung zwischen wissenschaftlichen Erkenntnisprozessen und verantwortungsvollem Handeln stellte Hartmut Graßl selbst her – beim Podiumsgespräch mit Studierenden über das Thema „Die Zukunft in unserer Verantwortung“. Graßl lobte die Interdisziplinarität – aber die jungen Leute sollten sich zuerst in einem Fach eine Basis schaffen, „zuerst tief bohren und dann verbreitern“. Leider scheitere allerdings das nötige Interdsziplinäre zu oft „an den Grauhaarigen in den Senaten“. Seine Kernbotschaft lautet: „Seien Sie skeptisch, auch gegenüber dem, was Sie selbst als Neues entdeckt haben!“
Nicht nur für Graßl ist der Klimaschutz ein Exportschlager: Es sei falsch, „ein Märchen“, dass der Klimaschutz so teuer sei. Das „Bisschen“, das wir für Erneuerbare und Klimaschutz bezahlt hätten, stehe in keinem Verhältnis zu den gewaltigen Exporterlösen für die in diesem Rahmen entwickelten Technologien. Graßl kritisierte Ex-Entwicklungsminister Niebel wegen dessen Missachtung des deutschen Regierungsbeschlusses, Peru dafür zu unterstützen, dass es Ölbohrungen unterlasse.
Erstaunlicher Hinweis: „Ein einziges Champions-League -piel löst mehr [[CO2]] aus als eine ganze Weltklimakonferenz. Graßl verteidigte die Klimarichtlinien: Es sei eine wichtige Debatte, auch wenn es jeweils „nur ein bisschen etwas bringt“ – und: „je höher in der Hierarchie der Weltpolitik, ob EU, G7 oder UN – desto besser!“ Ohne Klimadebatte hätten wir keine 27 Prozent EE.
Martin Khor, Direktor des South Center, Genf, sah aktuell einen „Großkonflikt zwischen Gemeinwohl-Orientierung und dem Monopoly der Großkonzerne.“ Von dessen Ausgang hänge ab, „ob wir als Menschheit überleben“. Khor nannte Zahlen. Graßl hatte 2009 vorgeschlagen , nationale CO2-Budgets einzuführen – dann müssten die Industriestaaten, wollten sie die Zwei-Grad-Grenze einhalten, und wenn man den Entwicklungsländern einen Pro-Kopf-Ausstoß von drei Tonnen pro Kopf und Jahr (wir liegen bei 10) zugestehe, um satte 147 Prozent reduzieren. Dürften die Entwicklungsländer gar sechs Tonnen ausstoßen, müssten die Industrieländer gar mehr als 200 Prozent einsparen.
Khor nannte den interdisziplinären Zugang wichtig, denn „die Physik allein kann keine zureichende Antwort geben“. Vielmehr müssten wir „die verschiedenen Schattierungen des Kampfes gegen den Klimawandel verstehen“. Wenn wir in Paris ein Abkommen bekämen, welches werde das sein? „Welche Herausforerung wird es bringen? Wird es ausreichen, um die 2°-Grenze nicht zu überschreiten? Es wird nicht den Umwelteffekt haben, den wir uns erhoffen. Es muss aber „legally good“ sein“. Khor nannte als drei Aspekte einer möglichen Lösung:
- einen Umwelt-Imperativ
- einen Entwicklungs-Imperativ
- einen Gleichheits-Imperativ
Wenn wir 1,5 oder 2 Grad festschrieben, seien die Industrieländer verantwortlich, „sie haben auch die finanzielle Kapazität und müssen daher die Führung übernehmen und den anderen Ländern bei der Anpassung an den Klimawandel helfen. Aber die Armen haben derzeit andere Sorgen: Hunger etwa, Ebola, oder den Wiederaufbau nach dem Zyklon. Wenn sie dann aber etwas weniger arm sein werden, haben sie andere Erwartungen, wollen sie ihre Infrastruktur modernisieren, aber dafür sind die Erneuerbaren Energien derzeit noch zu teuer“, so Khor.
Folgt: „Low-Carbon-Laboratorien“