FHI: Erkenntnisse, wie Elektronen in Wasser gelöst werden, erweitern Einflussmöglichkeiten auf chemische Reaktionen
Chemie kann ziemlich unübersichtlich sein. Damit bei einer Reaktion der gewünschte Stoff entsteht, sich zwei Substanzen überhaupt aufeinander einlassen oder gerade nicht, müssen Chemiker zahlreiche Faktoren berücksichtigen. Forscher des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin machen ihnen jetzt eine weitere Stellschraube zugänglich. Sie haben bestimmt, wie stark Elektronen gebunden sind, wenn sie von Wasser aufgenommen werden – und zwar ganz zu Anfang, sobald die negativen Ladungsträger von einem Material wie etwa einem möglichen Reaktionspartner ins Wasser abgegeben werden. Das erläutert die Max-Planck-Gesellschaft in einer Pressemitteilung.
Elektronen sind die eigentlichen Akteure in chemischen Reaktionen, weil sie dabei zwischen verschiedenen Atomen verschoben werden. Ob das passiert, hängt von ihrer Bindungsenergie an die unterschiedlichen Komponenten ab. Und bei Reaktionen in wässrigen Lösungen ist die Bindungsenergie eines Elektrons am Anfang des Prozesses, bei dem dieses gelöst wird, ein entscheidender Faktor. Jetzt da er bekannt ist, können Chemiker ihn berücksichtigen, wenn sie Reaktionen planen oder verhindern möchten.
Ein Elektron, das losgelöst von einem Atom oder Molekül im Wasser schwimmt, verhält sich in etwa so wie ein Einsiedlerkrebs ohne Muschel: So wie der Krebs sich schnell eine neue Behausung sucht und dabei mit seinen Artgenossen nicht gerade zimperlich umgeht, will auch das Elektron möglichst schnell wieder bei einem Atom unterschlüpfen und drängt sich dabei in die chemischen Verbindungen, die es im Wasser gerade findet. Daher mischen solche nackten Elektronen bei zahlreichen chemischen Reaktionen mit, wenn Wasser vorhanden ist: in den chemischen Prozessen in biologischen Zellen etwa, oder bei der Entstehung des Ozonlochs und anderen Reaktionen in der Atmosphäre, die in winzigen Wassertröpfchen stattfinden.
Ehe ein Elektron im Wasser seine neue Bleibe in einem Atom oder Molekül einnimmt, strebt es jedoch erst einmal nach einem notdürftigen Ausgleich für seine negative Ladung, um seine elektronische Blöße zu bedecken. Zu diesem Zweck umgibt es sich mit Wassermolekülen, die positive elektrische Pole besitzen und diese zur negativen Ladung des Elektrons ausrichten. Ist das geschehen, ist das Elektron im Wasser gelöst. Nun hat ein Team um Julia Stähler, Leiterin einer Arbeitsgruppe am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, detaillierte Informationen über den Lösevorgang gewonnen.
Folgt: Chemiker brauchen die Bindungsenergie des eintauchenden Elektrons