„Probebohrung“ am Bundeskanzleramt
Anlässlich der Kabinettsbeschlüsse zur Fracking-Technologie haben am 01.04.2015 der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact, Deutscher Naturschutzring (DNR), Naturschutzbund Deutschland (NABU), Umweltinstitut München, Robin Wood, PowerShift, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten in der EKD (AGU) vor dem Bundeskanzleramt eine symbolische Fracking-Probebohrung vorgenommen. Ihr Protest richtet sich gegen die Absicht von Energiekonzernen, in mehreren Regionen Deutschlands mit dem umstrittenen Fracking Erdgas aus tiefen Erdschichten zu gewinnen. Die Organisationen fordern ein Verbot dieser Technologie.
„Fracking bedroht die Grundwasservorräte, die Böden und schadet dem Klima. Es ist eine Fossil-Technologie von gestern und konterkariert die Energiewende“, sagte Ann-Kathrin Schneider, Energieexpertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „In ganz Deutschland haben sich inzwischen mehr als 2000 Gemeinden gegen Fracking in ihren Regionen ausgesprochen. Die Bundesregierung muss die Sorgen und Proteste der Bürger ernst nehmen und Fracking verbieten“, forderte Schneider.
„Der von der Bundesregierung geplante Rechtsrahmen zu Fracking stellt die privatwirtschaftlichen Interessen der Erdgasindustrie über den vorsorgenden Umweltschutz“, kritisierte Franziska Buch, Energiereferentin am Umweltinstitut München. „Indem die Energiekonzerne mit Fracking die weitere Ausbeutung fossiler Energien vorantreiben wollen, bürden sie der Umwelt und den Menschen die Folgekosten auf“, sagte Buch.
„Die Regierung will Fracking-Bohrungen ermöglichen. Das ist eine Hintertür für Exxon und Co, mit der eine Hochrisiko-Technologie salonfähig gemacht werden soll – die wir für die Energiewende gar nicht brauchen“, so Chris Methmann, Campaigner bei Campact.
„Der Bundestag entmachtet sich selbst, wenn er wesentliche Entscheidungen über Risiken und den Einsatz von Fracking oberhalb von 3000 Metern zu kommerziellen Zwecken einer Expertenkommission überlassen will, deren Neutralität in Frage gestellt werden kann. Dieses Vorgehen ist nach demokratischen Prinzipien nicht zu legitimieren“, sagt Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer der DUH.
„Um ein Fracking-Ermöglichungsgesetz zu verhindern, sind nun die Abgeordneten des Bundestages gefragt. Sie sind aufgefordert, alles daran zu setzen, den Schutz von Mensch, Natur und Wasser umgehend dort nachzubessern, wo die Bundesregierung geschlampt hat. Am Ende trägt jeder Abgeordnete persönlich dafür Sorge, dass die Einwohner, Natur, Seen, Brunnen und Talsperren in seinem Wahlkreis sicher sind“, sagte NABU-Energieexperte Ulf Sieberg.
[note Statement von Claudia Kemfert (DIW): „Viel Lärm um nichts“ – „Das von Bundesumweltministerin Hendricks vorgestellte Gesetz stellt eine solide Grundlage dar, um die Risiken des Frackings in Deutschland zu minimieren und festzustellen, dass Fracking in Deutschland in der Zukunft keine Rolle spielen wird. Die Umweltverträglichkeitsprüfungen sind umfassend, in risikobehafteten Gebieten darf gar nicht gefrackt werden. Und vor allem kann mit diesem Vorstoß mehr Klarheit kommen, ob die Fracking-Potentiale nicht doch viel niedriger sind als angenommen. Ohnehin sind die Fracking-Potentiale in Europa, anders als in den USA oder Asien, denkbar gering.
Erste Schätzungen in Deutschland gehen davon aus, dass die Potenziale des unkonventionelles Gases, welches mittels Fracking gewonnen werden kann, sehr gering sind. Maximal zehn Jahre könnte der Gasbedarf in Deutschland überhaupt mit Fracking-Gas gedeckt werden, wenn man alle Gasquellen mittels Fracking erschließen würde. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese erschlossen werden, vor allem aus Umwelt– und aus Kostengründen. Das Fracking-Verfahren ist deutlich teurer als die herkömmliche Förderung. Zudem ist mit massiven Bürgerprotesten zu rechnen. Auch in Polen hat man auf große Mengen unkonventionellen Gases gehofft und nach den ersten Probebohrungen festgestellt, dass die potentiell zu erschließenden Quellen viel zu gering sind; die Fracking-Unternehmen haben sich bereits weitgehend aus dem Land zurückgezogen.
Zudem gibt es ausreichend Gas auf den Märkten, Deutschland ist sehr gut mit den Gas-Lieferländern verbunden und benötigt auch zukünftig kein aus heimischen Quellen gefracktes Gas. Zwar ist Gas wichtig als Brückentechnologie für die Energiewende – Gaskraftwerke sind aufgrund ihrer Flexibilität gut kombinierbar mit erneuerbaren Energien, zudem ist Gas wichtig für die Gebäudeenergie und die Mobilität. Es gibt in den kommenden Jahrzehnten jedoch ausreichend Gas auf den internationalen Märkten, es gibt ein Über-Angebot an Gas. Somit handelt es sich bei der jetzigen Fracking-Diskussion um viel Lärm um nichts.“]
Folgt: DNR: Fracking-Gesetz ist ein fatales Signal für den Klimaschutz