Bsirske sieht 100.000 Arbeitsplätze in Gefahr

Kohleabgabe angeblich Jobkiller

Kohlebrocken in Ausstellung Zollverein, Essen – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Energieminister Gabriels Plan, wie berichtet, alte Kohlemeiler mit einer Abgabe zu belegen, um die Klimaziele zu erreichen, stößt bei der Gewerkschaft ver.di auf Protest – der Minister bringe Zehntausende Arbeitsplätze in Gefahr, so der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske. Die Grünen verspotten ihn bereits als „neuen Kohle-Schutzheiligen“.

Bsirske rechnet nach Ostern mit massiven Protesten gegen die [[CO2]]-Sonderabgabe – denn die bedrohe, so ist er überzeugt, bis zu 100.000 Arbeitsplätze: Die Pläne beschwörten die Gefahr eines tiefgehenden Strukturbruchs in den Braunkohlerevieren der Lausitz und des Rheinlands herauf. Nach Angaben des Bundesverbandes Braunkohle sind einschließlich der Beschäftigten in Kraftwerken direkt noch etwas mehr als 21.000 Arbeitnehmer in der Braunkohle beschäftigt.

Gabriel und Kanzlerin Angela Merkel wollen bis 2020 das Ziel von 40 Prozent weniger klimaschädlichen [[CO2]]-Emissionen im Vergleich zu 1990 einhalten. Bisher sind davon erst 27 Prozent erreicht, und mit den bisherigen Mitteln wird das Ziel höchszwahrscheinlich verfehlt. Daher soll bis 2020 der Kraftwerks-Ausstoß um zusätzliche 22 Mio. t [[CO2]] verringert werden. Das will Gabriel durch eine Klimaabgabe für mehr als 20 Jahre alte fossile Kraftwerke erreichen, wenn diese einen bestimmten [[CO2]]-Freibetrag überschreiten.

Grüne: Abenteuerliche Argumentation

Die Grünen kritisierten den Vorstoß Bsirskes. Der Vorschlag Gabriels sei im Gegenteil „richtig, aber nicht radikal“, sagte Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne). „Die Braunkohle muss einen niedrigen Prozentsatz einsparen. Da von Strukturbruch zu sprechen, ist abenteuerlich. Die größte Gefahr für diese Branche ist nicht eine vernünftige Umweltpolitik, sondern die mangelhafte Kreativität ihrer Manager.“

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte: „Pünktlich zu Ostern gibt es mit Frank Bsirske für alte, klimaschädliche Braunkohlekraftwerke einen neuen Schutzheiligen. Kein Wunder, denn ver.di-Chef Bsirske darf dem Kohle-Untergangsgeheule der Konkurrenz-Gewerkschaft IGBCE nicht nachstehen.“ Wenn nicht endlich alte Kohleblöcke stillgelegt würden, könne Deutschland seine Klimaschutzziele vergessen.

Die Energie-Expertin Claudia Kemfert twitterte: „…reine Panikmache: keine 100.000 Kohle -Jobs durch Klimaabgabe gefährdet. Kluger Strukturwandel bringt mehr Jobs.“

[note Klaus Töpfer dazu im SZ-Interview: „Das kann ich nun wirklich nicht erkennen, und ich will mich auch gar nicht an dieser Zahlenakrobatik beteiligen. Solche Zahlen sollen Wirkung erzeugen. Aber wichtig ist: Die betroffenen Menschen dürfen nicht alleingelassen werden.“]

Bsirske: Andere Möglichkeiten

Bsirske argumentierte, bei einer Ausweitung des Kraft-Wärme-Kopplung-Anteils auf 25 Prozent, wie dies im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot vorgesehen sei, könnten 20 bis 30 Mio. t [[CO2]] eingespart werden. Allerdings würde dies die Umlage auf den Strompreis erhöhen. „Um das zu vermeiden, wird das [[CO2]]-Ziel korrigiert und werden 100.000 Arbeitsplätze – 30.000 direkt und 70.000 indirekt – sowie tiefgehende Strukturbrüche in den Kohle-Regionen riskiert. Ich halte das für hoch problematisch.“

Der Verdi-Chef verwies zudem auf durch die Energiewende ohnehin angeschlagene Energie-Unternehmen wie der RWE AG – deren Vize-Aufsichtsratsvorsitzender er ist -, denen weitere Milliarden-Belastungen allein aus Restrukturierungsausgaben im Zusammenhang mit der Braunkohle drohten. Da seien Sozialpläne für mögliche Entlassungen noch nicht eingerechnet.

SPD-Chef Gabriel hat bereits wegen der sich abzeichnenden Proteste an die Betriebsräte betroffener Unternehmen geschrieben: Die Regierung spiele Arbeit und Klimaschutz nicht gegeneinander aus, versicherte er. „Wir sind offen für alle Verbesserungsvorschläge, mit denen das Klimaziel erreicht wird.“

[note ver.di-Boss Bsirske (übrigens mit grünem Parteibuch) ist mehreren Seiten verpflichtet: Als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der RWE AG, als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Deutschen Bank,  der Lufthansa AG und der Postbank und als Mitglied im Verwaltungsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Erst vor kurzem hat er sich gemeinsam mit Hildegard Müller vom BDEW und dem VKU für Kapazitätsmärkte zur Erhaltung der Kohle ausgesprochen.]

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