Greenpeace-Aktivisten klettern auf Shell-Plattform im Nordpazifik

Umweltschützer protestieren gegen Zerstörung der Arktis

Gegen die Ölausbeutung in der Arktis protestieren 1.500 Kilometer nordwestlich von Hawaii sechs Aktivisten von Greenpeace seit den frühen Abendstunden des 06.04.2015 (MESZ) auf einer Ölplattform von Shell im Nordpazifik. Der Ölkonzern transportiert die Plattform „Polar Pioneer“ mit einem 225 Meter langen Spezialschiff in die Arktis.  Die Umweltschützer sind von Bord der „Esperanza“ mit Schlauchbooten zur 38.000 Tonnen schweren Plattform übergesetzt. Sie haben Verpflegung für mehrere Tage dabei und berichten in Sozialen Medien live über ihre Aktion.

„Immer wieder kommt es bei Ölbohrungen im Meer zu schweren Unfällen. Das hat erst vergangene Woche die Explosion einer Plattform im Golf von Mexiko erneut gezeigt“, sagt Larissa Beumer, Arktis-Expertin von Greenpeace. „Shells geplante Ölsuche unter den extremen Bedingungen in der Arktis ist deshalb unverantwortlich. US-Behörden rechnen bereits mit einer Katastrophe sollten es zur Ölausbeutung der Arktis durch Shell kommen.“

Ölbausbeutung der Arktis – Unfälle für Mensch und Natur sind absehbar

Ölbohrungen in der Arktis sind aufgrund der vorherrschenden Wetterbedingungen extrem riskant. Vor der Küste Alaskas ist es bei der Ölsuche durch Shell bereits im Jahr 2012 zu schweren Unfällen gekommen. Dennoch hat die US-Regierung vergangene Woche entschieden, dass die Vergabe von Förderlizenzen für Gas und Öl aus dem Jahr 2008 an den Shell-Konzern rechtmäßig war. Sollte Shell in der Tachuktschensee Öl finden und mit der Ausbeutung beginnen, schätzt die US-Regierung die Wahrscheinlichkeit für einen oder mehrere schwere Unfälle auf 75 Prozent. (Quelle: http://1.usa.gov/1FgAjPM).

Vor der Küste Alaskas sind noch immer die Ölreste des letzten schweren Unfalls von vor 26 Jahren nachweisbar – so Greenpeace. Die Auswirkungen des Ölunfalls der Exxon Valdez zeigten, dass die Arktis zu den ökologisch sensibelsten Regionen gehöre. Weltweit gebe es kein wirksames Verfahren, um ausgelaufenes Öl in vereisten Gewässern zu bergen.

Auch russische Arktis bedroht

Auch in der russischen Arktis bedrohe die Ölindustrie die Natur. Als weltweit erster Konzern fördere Gazprom mit der Bohrinsel Prirazlomnaya in der Petschorasee Öl aus arktischen Gewässern. Mit der Förderung setzt das Unternehmen eine einzigartige Region dem Risiko einer schweren Umweltkatastrophe aus. Die Ölförderung bedroht mehrere Naturschutzgebiete in der Nähe der Plattform. Die Gazprom-Plattform war im September 2013 Mittelpunkt einer Protestaktion von Greenpeace-Aktivisten.

Grüne fragen im Bundestag nach Schutz der Arktis

Nutzung und Schutz der Arktischen Gewässer sind Thema einer Kleinen Anfrage (18/4476) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Unter anderem fragen die Abgeordneten, durch welche Maßnahmen die Bundesregierung den Koalitionsvertrag umsetzen wolle, in dem es heiße: „Union und SPD unterstützen die Einrichtung von Schutzgebieten in Arktis und Antarktis“. Außerdem wollen sie wissen, ob sich die Regierung für ein Moratorium gegen industrielle Aktivitäten in der Arktis einsetzen wolle, bis ein rechtsverbindliches übergeordnetes Rahmenwerk verabschiedet sei, das den Schutz des Ökosystems und der in der Arktis lebenden Menschen gewährleiste. (hib/JOH)

[note Greenpeace-Info vom 01.04.2015: Neustart nach Pannenserie? Nachdem es bei Shells Arktis-Projekt im Jahr 2012 zu mehreren schweren Pannen und Unfällen gekommen war, musste der Konzern in den vergangenen zwei Jahren seine Probebohrungen aussetzen. Dies lag unter anderem an dem Urteil eines US-Berufungsgerichts in San Francisco, in dem das US-Innenministerium angewiesen wurde, die für die Tschuktschensee vor Alaska ausgestellten Lizenzen für Öl- und Gasbohrungen („lease 193“) nochmals zu überprüfen. Das ist mit Obamas Entscheidung nun erfolgt, jetzt muss das Innenministerium noch die Anträge von Shell für die diesjährige Bohrsaison prüfen. Ein Ergebnis wird bis Ende April erwartet. Wenn das Innenministerium grünes Licht gibt, könnte Shell bereits in 100 Tagen mit den Probebohrungen beginnen.

„Diese Entscheidung ist absolut wahnwitzig. Bei allem was wir bereits über den Klimawandel und die Risiken von Ölbohrungen in der Arktis wissen, ist es schlichtweg verantwortungslos, dass Präsident Obama diese Chance nicht genutzt hat, um Shell Ölbohrungen vor der Küste Alaskas zu untersagen“, so Larissa Beumer, Greenpeace-Expertin für die Arktis.

Eine 6 Milliarden teure Fehlinvestition

Shell hat bereits rund 6 Milliarden US-Dollar in sein Arktis-Projekt gesteckt. 2012 plante der Konzern die Erschließung der in der Tschuktschensee vermuteten Reserven mit sogenannten Erkundungsbohrungen. Geplant waren insgesamt 10 Bohrungen in zwei Jahren. Shell hatte für das Vorhaben eine Bohrplattform, die „Kulluk“, und ein Bohrschiff, die „Noble Discoverer“, vorgesehen. Doch aus den Plänen wurde nichts.

Widrige Wetterbedingungen, fehlende Genehmigungen und ein katastrophales Management führten dazu, dass Shell 2012 keine einzige Ölbohrung durchführen konnte. Nachdem die vorgeschriebene Notfallausrüstung zur Bekämpfung von Ölaustritten bei einem behördlichen Test kläglich versagte, durfte Shell nur oberflächliche Bohrungen durchführen. Das Bohrschiff Noble Discoverer, das weder nationale noch internationale Standards erfüllte, havarierte fast; in Dutch Harbour brach zudem ein Feuer an Bord aus. Die Kulluk-Bohrplattform lief am 1. Januar 2013 auf ihrem Rückweg aus der Arktis während eines schweren Sturms in der Nähe von Kodiak Island, Alaska, auf Grund und erlitt einen Totalschaden.]

->Quellen: