Wie können wir dafür sorgen, dass nachhaltige Entwicklungsziele tatsächlich nachhaltig sind?
Zwei zum Auftakt der 3. Global Soil Week am 20.04.2015 in Berlin vorgestellte Studien haben Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der vorgeschlagenen 17 nachhaltigen Entwicklungsziele (engl. Sustainable Development Goals – SDGs) und den ihnen innewohnenden 169 Maßnahmen in Bezug auf den immensen und immer noch steigenden Bedarf an Ressourcen wie Land und Biomasse untersucht.
Das Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS), das UNEP International Resource Panel (IRP) und das International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) zogen während der Präsentation ihrer Studien übereinstimmend die Schlussfolgerung, dass der immense Landbedarf, der in den Zielen impliziert ist, die künftige Verfügbarkeit von Land beeinflussen und potenziell die Verwirklichung der Ziele behindern wird: Der aus den nachhaltigen Entwicklungszielen hervorgehende Flächenbedarf übersteigt unsere Landressourcen.
Die IIASA-Studie untersucht die wirtschaftlichen Verknüpfungen, positiven Nebeneffekte und Konflikte der verschiedenen Ziele, besonders in Bezug auf Land-, Nahrungs- und Wasserressourcen. Schutzbemühungen, die auf eine Ressource oder Region fokussiert sind, können die Preise hochtreiben, was zu Ernährungsunsicherheit und verstärkter Nutzung anderer Ressourcen führt. „Die Konkurrenz um Ressourcen betrifft alle 17 nachhaltigen Entwicklungsziele“, warnte Michael Obersteiner, Programmdirektor Ecosystem Services and Management des IIASA. „Wenn die Nationen jetzt Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele entwickeln, kann nur ein systematischer Ansatz helfen, kritische Interdependenzen zu offenbaren und ein Nullsummenspiel zu verhindern“, argumentierte er während der Präsentation der vom IRP in Auftrag gegebenen IIASA-Studie.
Zwölf der vorgeschlagenen SDGs betreffen die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen und mehrere sind abhängig von der Nutzung zusätzlicher Landressourcen, zum Beispiel die Ziele zu Ernährungssicherheit (Ziel 2), Energieversorgung (Ziel 7), Produktion und Konsum (Ziel 12) und zur nachhaltigen Nutzung der Ökosysteme (Ziel 15). „Die 17 SDGs sind dadurch eben nicht konsistent. Sie stellen viel mehr Anspruch an Biomasse und Böden, als wir tatsächlich zur Verfügung haben. Wir müssen hier Prioritäten setzen, etwa bei der Nahrungssicherung“, sagte IASS-Exekutivdirektor Klaus Töpfer. Die IASS-Studie betont die Notwendigkeit, während der Umsetzung der Ziele auf der nationalen Ebene demokratische Wege zu finden, den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden, die aus den nachhaltigen Entwicklungszielen hervorgehen. Dabei komme auch den Konsumenten eine wichtige Rolle zu. Die Entscheidungen, die wir treffen, seien von großer Bedeutung: nicht nur, was wir konsumieren, sondern auch Lebensmittel so zu kaufen, dass sie letztlich nicht doch verderben.
Ernst Ulrich von Weizsäcker, bis vor kurzem Co-Vorsitzender und nun Mitglied von UNEP IRP, sagte: „Bei den SDGs stoßen die ökologischen Ziele naturgemäß auf feste Grenzen, während die sozialen und ökonomischen Ziele immer mehr Wachstum verlangen. Es ist ein massiver Konflikt und folglich ein Verteilungsproblem: Wir haben einen endlichen Erdball, also müssen die Reichen etwas abgeben, sonst bleibt es ungerecht.”
Mette Wilkie, Direktorin der UNEP-Abteilung Environmental Policy and Implementation, zog das Fazit: „Beide Studien zeigen, dass wir nicht so weitermachen können wie bisher. Wir müssen unseren Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen und deren Nutzung ändern und uns auf nachhaltigere Produktions- und Konsummuster zubewegen.“
Im Internationalen Jahr des Bodens der Vereinten Nationen bringt die Global Soil Week vom 19.04-23.04.2015 als internationale Wissensplattform mehr als 500 Teilnehmer aus 78 Ländern mit unterschiedlichen kulturellen und beruflichen Hintergründen in den Dialog: hochranginge politische Entscheidungsträger, Wissenschaftler, Farmer, Akteure der Zivilgesellschaft und Künstler. Titel der Veranstaltung ist „Soil. The Substance of Transformation“.
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