Jetzt auch in Deutschland:
Straßen als Kraftwerke

Fünf Kilometer Solarstraße = ein Windgenerator

Müller-Judex hebt die Vorteile seiner in Entwicklung befindlichen Module hervor: Sie erzeugen Strom regenerativ, bauen Stickoxide und Ruß ab und entlasten damit die Umwelt. Sie können ohne Flächenverbrauch auf bereits versiegelten Flächen verlegt werden. Die Flächen wie etwa Parkplätze oder Radwege, können „doppelt“ (verkehrlich und energetisch) genutzt werden. Die Somove-Module beeinflussen das Landschaftsbild nicht, sondern wirken „hell und leicht“ und werden besser akzeptiert als z.B. Windkraftanlagen – Fünf Kilometer Solarstraße entsprächen etwa einem Windgenerator. Wenn der Platz zwischen den Gleisen für  Solmove-Module genutzt würde, könnten perspektivisch rund 20% des Strombedarfs der Deutschen Bahn gedeckt werden.

“Unser Glas hält länger als Asphalt”, ist der 52-Jährige überzeugt. 25 Jahre soll die PV-Fahrbahn durchhalten – in etwa die Lebensdauer von bisherigen Solarmodulen. Heutige Straßen müssten dagegen spätestens nach 20 Jahren grundsaniert werden. Kommunen müssten zwar zunächst investieren, um ihre Straßen zu modernisieren. Sie könnten langfristig aber Ausgaben sparen: “Herkömmliche Straßen kosten Geld – eine Solarstraße verdient Geld.” Nach zwölf Jahren sollen sich laut Müller-Judex die Investitionskosten von 290 Euro pro Quadratmeter amortisieren und den Kommunen Geld in die Haushalte bringen.

Die Gemeinde Inning am Ammersee in Bayern will ab 2017 einen wenig genutzten Parkplatz zur Verfügung stellen. Er soll mit Solmove-Modulen belegt werden und damit Strom für ca. 30 Haushalte produzieren.

Positive Aussichten

Die Aussichten für die Solarstraßen scheinen zunächst positiv – auch wenn Experten skeptisch sind: Der Strombedarf wächst weiter; die Energiewende schafft mit dem Atom- und längerfristig auch Kohleausstieg großen Bedarf alternativer Stromquellen. Der Trend zur Elektromobilität steigert den Bedarf langfristig weiter. Eine Studie des Fraunhofer ISE von 2012 schätzt die potenzielle horizontale Fläche auf 2oo km2 mehr als die potenzielle Dachfläche von 1.200 km2 ein. 2012 waren rund 8% der bebaubaren Dachflächen mit PV Anlagen bebaut. Bis 2020 soll sich das PV-Stromvolumen nach den Plänen der Bundesregierung von 25 TWh (2012) auf 78 TWh mehr als verdreifachen. Bei diesen Prognosen werden in fünf Jahren die besten Lagen bebaut sein und nur noch eingeschränkt attraktive Dächer zur Verfügung stehen. Der jährliche Zubau von PV Modulen von rund 50 Mio. m2 wird dann zunehmend auch horizontale Flächen betreffen. Ersten Anfragen bei Gemeinden zeigten zudem, dass bereitwillig wenig genutzte Flächen (Parkplätze an Sportstätten, Rad- und Fußwege, sowie Anliegerstraßen) für die Stromerzeugung zur Verfügung gestellt würden. Kommunen erkennen in der Solarstraße eine Chance, die Kosten für den Straßenbau zu refinanzieren und gleichzeitig der CO2 Neutralität ein wesentliches Stück näher zu kommen.

Skepsis

Der BSW Solar glaubt nicht, dass sich die Solarstraßenidee schnell durchsetzt. Denn es gebe noch viele freie Flächen an und auf Gebäuden, wo mit etablierter PV-Technologie Solarstrom zu kostengünstig erzeugt werden könne. Der Materialforscher Jens Günster von der Bundesanstalt für Materialforschung (BAM) ist auf klimaretter.info noch skeptischer. „Den Schaden hat am Ende nicht der Hersteller, sondern der Nutzer, also die Kommune“, erklärt Glasexperte Günster. Er hegt große Zweifel, dass sich die Solarstraßen-Idee bewährt. Durch Dreck, Staub, Sand und Steine werde die Oberfläche der Module nach und nach zerkratzt. Somit sinke der Wirkungsgrad der Zellen.

Risiken

Müller-Judex ist zurückhaltend, räumt Risiken ein: „Das Risiko für Solmove besteht darin, dass die Module teurer werden als herkömmliche Dachinstallationen und deshalb erst dann bevorzugt werden, wenn die guten Dachlagen zur Neige gehen. Die technische Herausforderung liegt in der Entwicklung der Glasoberfläche, die zwei in sich scheinbar widersprechende Eigenschaften vereint. Die Durchlässigkeit für Licht bei gleichzeitiger Rutschfestigkeit für Fahrzeuge. Darin liegt die besondere Innovation.“

Folgt: Vorbilder in den USA und den Niederlanden