Informieren oder politisch eingreifen?
Klimawissenschaftliche Berater sollten die Zeit vor Paris nutzen und ihre Rolle neu bewerten: Wollten sie die politischen Entscheidungsträger informieren oder den politischen Prozess unterstützen?
„Das Klimapolitik-Mantra – die Zeit für 2 ° C läuft ab, aber wir können es noch schaffen, wenn wir jetzt handeln – ist wissenschaftlich gesehen Unsinn. Berater, die sich scheuen, das auszusprechen, verspielen ihre wissenschaftliche Reputation und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Klimaforschung.“
Politisierung der Wissenschaft beschneiden
Die wissenschaftliche Gemeinschaft müsse ihre Unabhängigkeit verteidigen – gegen Einmischungen von außen, von staatlichen Stellen und Nicht-Regierungsorganisationen, die Wissenschaftler umwerben, damit sie ihre ‚gerechte‘ Sache unterstützten, aber auch von Klimaleugnern. Die Einladung von Stakeholdern von außerhalb der Wissenschaft aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft, wie in der europäischen Nachhaltigkeitsforschung üblich, müsse überdacht werden, um die Politisierung der Wissenschaft zu beschneiden.
Wissenschaftliche Berater sollten aber der Versuchung widerstehen, politische Handlungsträger zu werden, und übertreibend ihre Beratung anzudienen, wie einfach es sei, die Wirtschaft zu transformieren oder erneuerbare Technologien einzuführen: „Ihre Aufgabe ist es, die Risiken und Vorteile der politischen Bemühungen kritisch zu analysieren und dazu beizutragen, empirisch fundierte – und manchmal nicht willkommene – Perspektiven für den globale klimapolitischen Diskurs zu liefern.“
Geden schätzte bereits in einem früheren Interview in der deutschen Zeitschrift natur die Chancen, dass ein Abkommen erreicht wird, auf „0,5 Prozent, also sehr gering“ ein. Er zeigte sich „skeptisch, ob Amerikaner und Chinesen einen Vertrag wirklich wollen“. Aber selbst wenn ja, zweifelte Geden daran, ob in ein solcher Vertrag Maßnahmen zur Nicht-Überschreitung der Zwei-Grad-Grenze festschreibt. Die USA könnten zwar eine progressivere Haltung einnehmen, „aber jeder Vertrag, den die US-Regierung unterschreibt, muss am Schluss vom Repräsentantenhaus und vom Senat mit einer zwei Drittel Mehrheit ratifiziert werden“. Das würden die Republikaner mit ihrer Mehrheit verhindern.
Thema „Klimawandel“ in den USA „hochgradig ideologisch aufgeladen“
Geden kann sich nicht einmal vorstellen, dass die gegenwärtige Hitze und Trockenheit die konservativen Amerikaner umdenken lassen werden. Denn das Thema Klimawandel sei dort hochgradig ideologisch aufgeladen, die Tea-Party innerhalb der Republikaner habe eine weitere Ideologisierung verursacht. „Nur wer in der Partei das ganze Klimathema weiterhin für übertrieben hält, besteht den Lackmustest als echter Republikaner.“ In der Folge würden die Amerikaner, so Geden, künftig mehr über die Folgen als über Anpassung diskutieren – „über Geo-Engineering“ also, die technischen Eingriffe ins Erd- und Klimasystem.
Der Fracking Boom in den USA belege zudem, dass „in den USA im Zweifelsfall die Energiesicherheit mehr zählt als der Klimaschutz“. Daher seien die Amerikaner kaum bereit, „anspruchsvolle Reduktionsziele vorzunehmen.“ Statt dessen zwingen die USA lieber auf China – dessen Energiepolitik aber ist janusköpfig: Einerseits baut China massiv erneuerbare Energien aus, was global den Status der Erneuerbaren verändert. Andererseits werde die chinesische Energieproduktion nicht sauberer, wenn ständig neue Kohlekraftwerke ans Netz gingen.
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