Fehlender „Iris-Effekt“ möglicher Grund für unterschätzte Veränderung des Wasserkreislaufs und hohe Klimasensitivität in Modellen
Der „Iris-Effekt“ bestehe darin, sagte 2001 der emeritierte Meteorologe Richard Lindzen vom Massachusetts Institute of Technology, dass die Atmosphäre die globale Erwärmung automatisch dämpfe. Wolken in den Tropen reagierten auf Temperaturänderungen ähnlich wie die Iris im Auge auf Helligkeitsschwankungen. Die Atmosphäre gebe mehr Infrarotstrahlung ab (und bei Abkühlung weniger). Seine Hypothese galt durch Messdaten widerlegt und daher als verworfen, zumal er keine überzeugende Erklärung dafür hatte, wie der Iriseffekt funktionieren soll.
Jetzt rückt der Iris-Effekt durch eine neue Studie wieder ins wissenschaftliche Interesse: Thorsten Mauritsen und Bjorn Stevens vom Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M), schlagen in einer neuen Studie in Nature Geoscience vor, dass Simulationen von Klimawandel eher mit Beobachtungen übereinstimmen könnten, wenn man Klimamodelle um den so genannten Iris-Effekt erweitert.
Denn: Die Klimasensitivität*) bei verdoppeltem CO2 wird in den aktuellen Klimamodellen mit Werten zwischen 2.0 und 4.6 K angegeben, und die Simulationen deuten auf ein schwaches Ansteigen des mittleren globalen Niederschlags hin. Obwohl es immer noch kontrovers ist, verorten Beobachtungen die Klimasensitivität eher am unteren Ende des genannten Bereichs, zeigen aber, dass die Modelle Veränderungen im Wasserkreislauf sogar unterschätzen. Diese offensichtlichen Unterschiede können bedeuten, dass wichtige Rückkopplungen in den Modellen fehlen. Die kontroverse Hypothese, dass sich die trockenen und klaren Regionen der tropischen Atmosphäre in einem erwärmten Klima ausdehnen und damit mehr infrarote Strahlung in den Weltraum als negative Rückkopplung („Iris-Effekt“) entweicht, ist ein möglicher Mechanismus, der zurzeit in Klimamodellen noch nicht repräsentiert ist.
Klimasensitivität setzt die globale Erwärmung der Erdatmosphäre durch die Wirkung von Treibhausgasen ins Verhältnis zu einer Strahlungseinheit. Man kann sie in Grad Celsius pro Watt je Quadratmeter (°C/(W/m²) = °C·m²/W) angeben. Geläufiger ist die Angabe der Klimaerwärmung bei Verdoppelung der CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre: Die Durchschnittstemperatur der Erde steigt um diesen Betrag, wenn sich die CO2-Konzentration von den vorindustriellen 280 ppm auf dann 560 ppm erhöht. (nach Wikipedia)
Basierend auf kürzlich erschienenen theoretischen und beobachtungsbasierten Arbeiten regen Mauritsen und Stevens an, dass, wenn sich bei steigenden Temperaturen konvektive Niederschlagswolken zu größeren Wolken zusammenschließen, diese Rückkopplung ein plausibler physikalischer Mechanismus für solch einen Iris-ähnlichen Response der tropischen Konvektion auf eine Erwärmung wäre.
Die Autoren fanden heraus, dass sich bei Berücksichtigung dieses Effekts im Erdsystemmodell des MPI-M (MPI-ESM)**) sowohl die Simulationen von Temperatur als auch die des Wasserkreislaufs bei ansteigenden atmosphärischen Treibhausgaskonzentrationen den Beobachtungswerten annähern. Alternative Vorschläge für fehlende Mechanismen in Modellen – wie Abkühlung durch Aerosole, Vulkanausbrüche oder unzureichende Wärmeaufnahme durch den Ozean – können zwar eine langsame transiente Erwärmung erklären, aber nicht den beobachteten verstärkten Wasserkreislauf.
Bemerkenswert und im Gegensatz zu einigen gut bekannten früheren Studien, zeigt diese Arbeit, dass andere Prozesse die Fähigkeit des möglichen Iris-Effekts, eine überraschend niedrige (geringer als 2 K) Sensitivität der Erwärmung auf eine Verdopplung des atmosphärischen CO2 zu erklären, begrenzen.
Die Studie, so berichtet die Stuttgarter Zeitung, habe in Fachkreisen „sofort Diskussionen ausgelöst. Nicht wenige Forscher sind skeptisch. Andrew Dessler von der Texas A&M University meint, man müsse noch viel mehr Indizien sammeln, um folgern zu können, dass der Iriseffekt tatsächlich existiere. Andere finden, dass die Arbeit zumindest weitere Studien in dieser Richtung anregen könnte.“
**)Siehe: solarify.eu/erdsystemmodell-des-max-planck-instituts-fur-meteorologie
->Quellen:
- Originalveröffentlichung: Mauritsen, T. and B. Stevens, 2015: Missing iris-effect as a possible cause of muted hydrological change and high climate sensitivity in models. Nature Geoscience, advance online publication, doi: 10.1038/ngeo2414.
- mpimet.mpg.de
- stuttgarter-zeitung.de