Mit freundlicher Genehmigung
von Fabio Longo, EUROSOLAR
Viele Befürworter der Energiewende unterschätzen die soziale Kraft der dezentralen Energiewende. Ohne ihre Mobilisierung hätte es nie den Aufbruch zur Energiewende gegeben. Und ohne diese Kraft wird die Energiewende abbrechen, gefangen in gedeckelten Käfigen namens Korridoren.
Da hilft es auch nicht, immer wieder darauf hinzuweisen, dass Erneuerbare Energien doch alternativlos seien, sich sowieso durchsetzen würden oder noch so vernünftig seien, weil doch Öl, Gas, Kohle und Uran irgendwann weg sind. All diese Argumente bleiben weitgehend ohne Wirkung, wenn es keine Treiber der Energiewende gibt, die tatsächlich Geld in die Hand nehmen und in den Ausbau Erneuerbarer Energien investieren. Ohne die Energie von unten – von mittelständischen Unternehmen, Kommunen und Bürgern – gibt es keine Energiewende. Sie haben 95 Prozent des Erneuerbaren Ausbaus gestemmt. Das Fundament hierfür ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Das gilt heute genauso wie zu Beginn der Energiewende.
Energiewende – dezentral oder gar nicht
Hermann Scheer, einer der Väter des EEG, lehnte es immer ab als Energieexperte bezeichnet zu werden. Denn die Energiefrage ist alles andere als ein kleines Spartenthema nur für Spezialisten aus Technik und Energiewirtschaft. Ohne eine politische Vorstellung von Wirtschaft und Gesellschaft kann die Energiefrage nicht richtig beantwortet werden. Da die herrschende Energiewirtschaft auf zentralen Strukturen beruht, hat sie kein Interesse an der neuen dezentralen Welt.
Trotz aller Beteuerungen aus den sich vermeintlich wandelnden Energiekonzernen, zeigt sich, dass E.ON auch heute nicht seinen Einfluss bei wichtigen Interessenverbänden nutzt, damit die Triebkräfte der Energiewende erhalten bleiben. Das ist der Lackmustest für alle Bekenntnisse: Für welche Ziele setzt sich ein Unternehmen auf der politischen Bühne ein? Die EEG-Deform 2014 diente allein dazu, die Energiewende auf die Bedürfnisse der herrschenden Energieunternehmen zuzuschneiden und die mittelständischen, kommunalen und bürgerschaftlichen Kräfte auszubremsen. In einem ersten Schritt ist dies gelungen: der Ausbau von Solarstrom ist stark eingebrochen und der Ausbau von Biogas fast vollständig zum Erliegen gekommen.
Wie kommt der Einbruch bei den Erneuerbaren zustande?
Das EEG behält zwar seinen Namen, wird aber Stück für Stück entkernt. Wichtigstes Kernelement der EEGs 2000-2012 und sehr eingeschränkt im EEG 2014 war die Investitionsautonomie für alle Wirtschaftstreibenden, Kommunen und Bürgern. Wer dezentrale Erntemöglichkeiten für Erneuerbare zur Verfügung hat, kann in Ernteanlagen investieren. Das ist die Idee des EEG. Und da wir noch weit von einer 100 Prozent Erneuerbaren Wirtschaft entfernt sind, ist dieses Prinzip auch heute noch richtig. Das EEG ist aber nach seiner Einführung von ursprünglich 13 Paragrafen (EEG 2000) auf 66 (EEG 2009) und nunmehr 104 (!) Paragrafen (EEG 2014) angewachsen. Sehr viele der neuen Paragrafen enthalten immer wieder neue Folterinstrumente, um den beschleunigten Ausbau, den wir für die Energiewende dringend bräuchten, zu unterbinden. Hier nur ein kleiner Auszug der über die Jahre gewachsenen Folterinstrumente im EEG:
- Ausschluss der Vergütung für PV auf schlechten Ackerböden und auf landwirtschaftlichen Gebäuden im Außenbereich
- Zubauabhängiger „atmender Deckel“, der so lange nur eine Richtung der rasanten Vergütungskürzung nach unten kennt, bis die Erneuerbare Wirtschaft schweren Schaden erleidet (Folge: fast 50.000 Arbeitsplatzverluste und tausende Insolvenzen in der Solarwirtschaft)
- Verpflichtende Direktvermarktung über die zentrale Strombörse, ohne Anreize für die regionale Grünstromvermarktung
- Künstliche Verteuerung des PV-Stroms, just als er günstig wurde, mit der Erhebung von EEG-Umlage auf selbstverbrauchten Solarstrom (sog. Sonnensteuer)
- Ausschreibungen, also quotierter Zubau, bei dem nur die EE-Anlagen mit dem Gebot der geringsten Vergütung gebaut werden dürfen (dass die Gebote in der Solar-Pilotausschreibung alle deutlich höher sind als die Vergütung im EEG ist keine Ironie der Geschichte, sondern zeigt den Fehler im System: Ausschreibungen funktionieren nicht)
Folgt: Planwirtschaftliche Ausschreibungen schaffen das EEG und damit die Energiewende ab