Verweigerungshaltung der Branche
Festzustellen ist aber: Am 24. November des vergangenen Jahres habe ich die EVUs, auch den BDEW, eingeladen. Ich habe ihnen mitgeteilt, dass wir ein Problem haben und 22 Millionen Tonnen zusätzlich einsparen müssen, und ein Gespräch über mögliche Maßnahmen vorgeschlagen. Die Antwort der EVUs, an der Spitze der BDEW, war: Wir wollen nicht mit Ihnen darüber reden. – Es gab eine Verweigerungshaltung der Branche. Dann haben wir vorgeschlagen, dass sie Alternativen vorlegen, damit wir darüber reden können.
Daraufhin ist monatelang nichts passiert. Jetzt liegt seit ungefähr einer Woche ein Alternativvorschlag vor, der von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie vorgetragen wurde. Das halte ich für einen Riesenfortschritt. Übrigens war die IG BCE, anders als die Unternehmen, immer gesprächsbereit. Es ist wirklich nicht fair, wie Sie von der Linkspartei manchmal über sie reden. Die IG BCE hat von Anfang an gesagt: „Wir haben Angst um die Jobs und vor Strukturbrüchen, aber wir wissen, dass wir das Klimaschutzziel erreichen müssen“ und vorgeschlagen, über Alternativen zu sprechen. Vorhin haben Sie die Gewerkschaften verteidigt. Ich wäre an Ihrer Stelle ein bisschen vorsichtig und würde mich erst einmal fragen, ob die Reden von vor zwei Stunden noch mit dem übereinstimmen, was jetzt gesagt wird. – Hören Sie auf! Ich bin wahrscheinlich schon länger in der IG Metall, als Sie zurückdenken können. Ich weiß, wovon ich rede, wenn ich über Gewerkschaften spreche. Ich hätte zumindest zu dem Tarifeinheitsgesetz heute Morgen gerne etwas gesagt. Das erspare ich mir jetzt. – Nein, die IG Metall ist im Gegensatz zu Herrn Ernst für das Tarifeinheitsgesetz.
Die IG BCE schlägt also vor, zu überlegen, wie wir zu einer schrittweisen Stilllegung von Kraftwerken kommen, damit die Last nicht auf allen Kraftwerken liegt. Das ist ihr Argument. Ich finde, wir müssen jetzt prüfen, ob das möglich ist. Aber es ist doch ein Riesenfortschritt, dass wir inzwischen nicht mehr über die Frage reden, ob wir das erreichen können, sondern dass alle sagen: Ja, wir müssen es erreichen. – Ich finde, das ist aller Ehren wert. Es ist nichts vom Tisch genommen worden, sondern Gott sei Dank etwas hinzugekommen. Mein Angebot ist: Lassen Sie uns im Ausschuss über diese Fragen reden und sie substanziell prüfen.
Denn ich glaube, dass alle Vorschläge Vor- und Nachteile haben. Ich halte nach wie vor den bei uns entwickelten Vorschlag für den volkswirtschaftlich günstigsten. Ich glaube, dass die Vorschläge, die jetzt dazukommen, am Ende teurer werden. Aber wenn es mehr kostet, Strukturbrüche zu vermeiden und das gleiche Ziel zu erreichen, dann bin ich auch bereit, das mitzutragen.
Wenn alle der Meinung sind – Frau Höhn hat das auch gesagt –: Deutschland muss Initiative zeigen, damit andere mitmachen, dann ist dieses Argument richtig. Es geht schließlich nicht darum, ob wir mit 40 Prozent [[CO2]]-Einsparung die Welt retten, sondern darum, zu zeigen: Ambitionierter Klimaschutz ist mit dem volkswirtschaftlichen Wohl vereinbar.
Strukturbrüche vermeiden
Ich glaube, es gehört auch dazu, dass man Strukturbrüche vermeiden muss. Noch einmal: Ich habe immer gesagt, dass ich glaube, dass wir gar nicht stilllegen müssen. Die Politik darf aber nicht so arrogant sein, zu sagen: Wir wissen alles besser als die Unternehmen, die Gewerkschaften und die Betriebsräte. – Ich glaube, dass wir denen zuhören müssen. Wenn die einen Vorschlag machen, mit dem dasselbe Ziel erreicht werden kann, der Vorschlag aber möglicherweise mit höheren Kosten verbunden ist, dann muss man die Vermeidung von Strukturbrüchen und die Begleitung des Strukturwandels gegen die möglicherweise höheren Kosten abwägen.
Noch einmal: Es ist nichts vom Tisch, sondern es ist etwas Neues auf den Tisch gekommen. Ich bin der IG BCE sehr dankbar dafür. Die hat dafür gesorgt, dass es überhaupt so weit gekommen ist. Die Unternehmen hatten sich nämlich verweigert. Wenn Sie, Frau Höhn, befürchten, dass wir am Ende einen pflaumenweichen Vorschlag machen, der keine Substanz hat, und dass wir uns durchmogeln, dann sage ich Ihnen: Lügen haben kurze Beine. Das bringt gar nichts. Das ist nicht mein Ziel, auch nicht das Ziel der Kanzlerin.
Meine Bitte ist: Lassen Sie uns einfach im Ausschuss weiter reden oder eine Debatte hier oder wo immer Sie wollen, führen, um zu überprüfen, welcher dieser Vorschläge, die es jetzt gibt, welche Konsequenzen hat. Ich bin sicher, dass wir noch Bundestagsreden halten werden, in denen wir versuchen werden, zu zeigen, dass wir unterschiedlicher Meinung sind; aber es könnte sein, dass wir außerhalb des Plenarsaals sagen: Das ist ganz gut, wie wir das miteinander machen.
Hier im Raum sitzen doch in Wahrheit die Abgeordneten des Bundestages, die an dem Ziel Klimaschutz ein Rieseninteresse haben und die sich, solange ich das verfolge – das sind nun auch schon einige Jahre; seit 2005 tue ich das –, immer dafür eingesetzt haben – ich denke an Herrn Jung und andere –, solche Ziele zu erreichen. Lassen Sie uns also nicht so tun, als wären wir ganz weit voneinander entfernt. Es geht eigentlich um die richtigen Instrumente. Ich finde es eine schöne Entwicklung, dass wir jetzt nicht nur einen, sondern drei Vorschläge haben. Jetzt wollen wir einmal schauen, wie wir damit umgehen. Ich finde, man kann eigentlich ganz entspannt in die Pfingstpause gehen.
->Quelle: bundesregierung.de/Content