DLR prüfte Solar Impulse

Viersitzige Flugzeuge mit 1500 Kilometern Reichweite

Dr.-Ing Josef Kallo, Leiter des Fachgebiets Elektrochemische Systeme am DLR-Institut für Technische Thermodynamik, hat als Projektleiter das DLR-Brennstoffzellenflugzeug Antares DLR-H2 in die Luft gebracht und forscht an neuen Technologien für das elektrische Fliegen von morgen.

Herr Kallo, mit der Weltumrundung von Solar Impulse wird der Traum vom emissionsfreien Fliegen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Wie weit sind wir davon noch im regulären Flugbetrieb entfernt?

Einen Menschen emissionsfrei um die Welt fliegen zu lassen ist tatsächlich eine besondere Leistung. Das Konzept vereint eine Vielzahl hochoptimierter Systeme für diesen besonderen Einsatz. Im regulären, alltäglichen Flugbetrieb ist der Einsatz dieses Konzeptes jedoch aufgrund der geringen Antriebsleistung und der niedrigen Fluggeschwindigkeit von nur rund 70 Kilometern pro Stunde nicht absehbar.

Ist die Nutzung von Solarzellen als Energielieferant der wahrscheinlichste Weg für das elektrische Fliegen der Zukunft?

Für unbemannte hochfliegende Plattformen sind Solarzellen in der Tat ein vielversprechendes Energieumwandlungssystem, um ausreichend elektrische Energie für den Flugantrieb bereit zu stellen. Für bemannte elektrische Flugzeuge mit einigen Passagieren ist das allerdings nicht der günstigste Weg. Hier stellt ein Hybrid aus Wasserstoffbrennstoffzellen und Hochleistungsbatterie eine sehr vielversprechende Energiequelle für den Antrieb dar. Wenn der Wasserstoff mithilfe erneuerbaren Energiequellen als Treibstoff produziert wird, so ist dieses Konzept ebenso wie bei der Nutzung der Sonnenenergie mit Solarzellen eine [[CO2]]- und schadstofffreie Antriebstechnik.

Die Solar Impulse 2 ist ja nicht gerade schnell mit gut 70 Kilometern pro Stunde unterwegs, allerdings bei einer theoretisch unbegrenzten Reichweite. Wie leistungsfähig können elektrische Flugzeuge noch werden?

Elektrische Flugzeuge mit Batterie und Wasserstoffbrennstoffzellen-Antrieb fliegen bereits heute mit Geschwindigkeiten bis zu 200 Kilometern pro Stunde und mit einer Reichweite von bis zu 700 Kilometern. In naher Zukunft sind mit heutiger Technologie viersitzige Flugzeuge mit bis zu 1500 Kilometern Reichweite realisierbar. Ein 40-60 sitziges Flugzeug mit elektrischem Hybridantrieb ist zukünftig denkbar, wobei es noch einiger Entwicklungs- und Integrationsarbeit bedarf, speziell um den Energiespeicher und den Antrieb für den Flugzeugeinsatz zu optimieren. Im Langstreckenlinienverkehr bleibt die Nutzung eines elektrischen Antriebs wohl auf längere Sicht noch ein Traum.

IATA-Ziel: 2050 Halbierung des [[CO2]]-Ausstoßes im Vergleich zu 2005

Dr. Patrick Le Clercq vom DLR-Institut für Verbrennungstechnik leitet das Forschungsprojekt ECLIF (Emission and Climate Impact of Alternative Fuels), in dessen Rahmen sowohl die Verbrennung im Triebwerk als auch die resultierenden Emissionen alternativer Treibstoffe bei Flugversuchen im Herbst 2015 untersucht werden. 2014 war er bereits bei ähnlichen Flugversuchen beteiligt, die das DLR gemeinsam mit der NASA durchführte (Solarify berichtete: solarify.eu/nasa-und-dlr-gemeinsame-forschungsfluge-mit-biotreibstoff/).

Herr Le Clercq, im Langstreckenbereich werden Elektroflugzeuge auf lange Sicht nicht mit konventionellen Flugzeugen konkurrieren können. Welche Möglichkeiten gibt es im Bereich alternative Treibstoffe auf regenerative Energien zu setzen?

Man muss sich vor Augen führen, dass es ein gewaltiger Schritt ist, ein vollständig neues Antriebssystem in der Luftfahrt einzuführen. Für den Lang- und Mittelstreckenluftverkehr ist es deshalb ein konsequenter Weg, den heutigen Verbrennungsantrieb von Flugzeugen hinsichtlich einer nachhaltigen Nutzung weiterzuentwickeln. Technisch ist die Verwendung alternativer Treibstoffe, die nicht aus Rohöl gewonnen werden, möglich und nachgewiesen. Entscheidend ist für die Zukunft, wie möglichst regenerativ, gesellschaftsverträglich und kosteneffizient alternative Treibstoffe für die Luftfahrt bereitgestellt werden können. Kerosingewinnung aus Biomasse, die nicht in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln steht wie etwa durch Algenzüchtung, wird dabei sicher ein wichtiges Thema sein. Besonders interessant für die weitere Zukunft ist die Gewinnung von Kerosin aus [[CO2]], Wasser und Sonnenenergie, wie es im EU-Projekt Solar-Jet, an dem wir beteiligt waren, bereits im Labor untersucht wurde. Wird diese Treibstoffgewinnung eines Tages alltagstauglich, hätten wir einen nachhaltigen Wandel im Lang- und Mittelstreckenverkehr ohne die Antriebstechnik neu zu erfinden.

Lassen sich die Emissionen und deren Klimawirkung anhand des Treibstoffs beeinflussen?

Vorneweg ist hier festzuhalten, dass der Ausstoß von [[CO2]] nicht anhand der Zusammensetzung des Treibstoffs reduziert werden kann sondern nur indirekt wie gerade benannt über die[[CO2]]-neutrale Herstellung. Die Energie für die Fortbewegung eines Flugzeugs kommt aus der Verbrennung der Kohlenwasserstoffe im Kerosin und diese wird weiter benötigt. Doch es gibt weitere Emissionen wie Stickoxide, Schwefeloxide und Ruß auf die sehr wohl im Rahmen der Zusammensetzung alternativer Treibstoffe Einfluss genommen werden kann. Ein Thema sind schwefelarme Treibstoffe. Hierzu hat das DLR im vergangenen Jahr eine Flugversuchskampagne gemeinsam mit der NASA durchgeführt mit vielversprechenden Ergebnissen in Hinblick auf die klimarelevanten Nicht-[[CO2]]-Emissionen. In diesem Jahr planen wir DLR-Flugversuche zu alternativen Treibstoffen bei denen die Variation der ringförmigen Kohlenwasserstoffe, sogenannter Aromaten, und deren resultierende Emissionen im Mittelpunkt stehen. Diese haben Einfluss auf die Rußbildung, die wiederum die Kondensstreifen Bildung beeinflusst und damit die Klimawirkung des Luftverkehrs.

Welche Perspektive sehen Sie für alternative Treibstoffe in der Luftfahrt für die kommenden Jahre?

Kurzfristig folgt das Interesse an alternativen Kraftstoffen dem Ölpreis, der zurzeit ja recht niedrig ist. Langfristig kann das aber nicht die entscheidende Rolle spielen, denn es gibt von vielen Seiten ambitionierte Ziele. Beispielsweise hat der internationale Dachverband der Fluggesellschaften IATA (International Air Transport Association) als Ziel formuliert, dass der Luftverkehr im Jahr 2050 eine Halbierung seines [[CO2]]-Ausstoßes im Vergleich zum Jahr 2005 erreichen soll. In der europäischen Luftfahrtvision, dem Flightpath 2050, steht das beschlossene Ziel den [[CO2]]-Ausstoß des Luftverkehrs bis zur Mitte des Jahrhunderts sogar um 75 Prozent gegenüber dem Jahr 2000 zu senken. Zu diesen Zielen können die regenerativen Treibstoffe für die Luftfahrt einen entscheidenden Beitrag leisten. Es zeichnet sich ein schrittweiser Transformationsprozess ab, der weitere umfangreiche Forschungsarbeiten beinhaltet.(Interviews von Falk Dambowsky)

->Quellen: