Deutsches Klima-Konsortium stellte Positionspapier in Berlin vor: Perspektiven für Klimaforschung bis 2025
Gernot Klepper, Umweltökonom, Mojib Latif, Klimaforscher und Meteorologe, DKK-Geschäftsführerin Marie-Luise Beck und die Politikwissenschaftlerin Silke Beck stellten am 10.06.2015 in Berlin unter dem Titel „Perspektiven für die Klimaforschung 2015 bis 2025“ ein Positionspapier des Deutschen Klima-Konsortiums (DKK) vor.
Mit dem Positionspapier haben auf Einladung des DKK seit 2013 mehr als 80 Experten erarbeitet und stellt einen Konsens der führenden Klimaforscher und Klimafolgenforscher dar. Es bestimmt drei zentrale Themenfelder, die in den nächsten zehn Jahren im Fokus von Wissenschaft, Gesellschaft und Politik stehen sollten und zu denen die deutsche Forschung wertvolle Beiträge leisten kann. Die drei Themenfelder sind:
- Das Schließen von Lücken im Verständnis des Klimasystems,
- der Umgang mit Klimarisiken und
- die Rolle der Klimaforschung in der demokratischen Gesellschaft, mit dem Ziel, besser zugeschnittene Formen der Politikberatung zu entwickeln.
1. Das Klima verstehen: Wissenslücken schließen und Projektionen für die Zukunft sicherer machen
Dass sich das Klima der Erde wandelt und Menschen die Hauptverursacher der Erwärmung seit der Mitte des 20. Jahrhunderts sind, ist wissenschaftlich unstrittig. Der DKK-Vorstandsvorsitzende Mojib Latif betonte: „Gerade die exzellent aufgestellte deutsche Klimaforschung hat in führender Rolle dazu beigetragen, dass dieser Erkenntnisstand heute weltweit anerkannt wird. Trotz der enormen Fortschritte bei der Erforschung des Klimasystems gibt es noch erhebliche Verständnislücken. Die vertiefte Erforschung der Prozesse im Klimasystem steht daher für die Klimaforschung weiterhin an zentraler Stelle.“
Für eine Verbesserung des Systemverständnisses fordern die Klimaforscher im DKK-Positionspapier den weiteren Auf- und Ausbau von Klimabeobachtungssystemen. Zudem sei eine nationale Modellierungsstrategie notwendig, um Fehler der Klimamodelle zu verringern und vor allem regionale Klimavorhersagen sicherer zu machen. Ein weiteres Projekt: Das nahtlose Vorhersagesystem, das von der klassischen Wettervorhersage über die kurzfristige Klimavorhersage bis hin zur Vorhersage des Klimas über Jahreszeiten, Jahrzehnte und schließlich Jahrhunderte reicht. Der erste Schritt für die kommenden Jahre, so die Autoren des Papiers, sei die Verlängerung der Wettervorhersage und ihre Verbindung zur kurzfristigen Klimavorhersage. Diese fehle bisher und würde eine Planung von Nahrungs-, Wasser- und Energieverfügbarkeit über längere Zeiträume und eine bessere Vorbereitung auf extreme Wetterereignissen erlauben.
2. Mit Klimarisiken umgehen: Grundlagen für Risikomanagement schaffen
Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen des künftigen Klimawandels sind schwer abzuschätzen. Denn sie sind von vielen lokalen Faktoren abhängig. Die Risiken, die durch die Folgen des Klimawandels entstehen, müssen jedoch genauer identifiziert und charakterisiert und – wo möglich – in Bezug auf Wahrscheinlichkeit und Schadensausmaß quantifiziert werden. Regierungen, Unternehmen und die Zivilgesellschaft brauchen hinreichend gesichertes Wissen, um sich an den nicht mehr vermeidbaren Klimawandel anzupassen und den Klimawandel gleichzeitig durch tiefgreifende Veränderungen – Stichwort: Low Carbon Society (kohlenstoffarme Gesellschaft) – zu begrenzen. Bisher jedoch fehlt ein auf den besten klimawissenschaftlichen Informationen beruhendes Risikomanagement, das es erlaubt, die Vor- und Nachteile von klimapolitischen Entscheidungen besser abzuwägen.
Die Wissenschaftler und Experten machen daher im DKK-Positionspapier Vorschläge, wie besseres Wissen über künftige Klimarisiken erzeugt werden kann. Dafür fordern sie sowohl eine stärkere interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Natur- und Sozialwissenschaftlern als auch eine transdisziplinäre Zusammenarbeit mit Praxispartnern aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Während die Sozialwissenschaften wirtschaftliche und soziale Folgen des Klimawandels identifizieren und mögliche Entwicklungspfade aufzeigen sollten, müssten Praxispartner einbezogen werden, um die gesellschaftlich relevantesten Fragen und Forschungsprioritäten herauszufinden.
Der Umweltökonom Gernot Klepper zeigte Konsequenzen dieses Vorgehens auf: „Es hat nicht unbedingt das Klimaphänomen höchste Priorität für die Forschung, über das wir am wenigsten wissen. Sondern die Forschung sollte sich auf die Klimaphänomene konzentrieren, bei denen das Wissensdefizit mit hohen gesellschaftlichen Schäden und Kosten einhergeht, oder wo die Politik zeitnah Entscheidungen fällen muss, zum Beispiel bei der Umsetzung der Energiewende. Hier müssen Wissenschaftler bessere Entscheidungsgrundlagen liefern.“