Wie die „dunklen Flauten“ überbrücken?

Meeres-Bodenschätze-Abbau

Auf ein in der Öffentlichkeit bislang wenig diskutiertes Thema warf Professor Peter Herzig, Direktor des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, in seinem Vortrag „Metalle für das Energiesystem – Chancen und Risiken des Meeresbergbaus“ ein Schlaglicht: Für innovative Energietechnologien werden große Mengen Metalle benötigt, etwa Kupfer als elektrischer Leiter oder Nickel für die Elektrolyse zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe, Indium für Oberflächen von Mobiltelefonen. Die Erschließung von Erzen am Meeresboden könne dazu beitragen, die Versorgung mit bestimmten metallischen Rohstoffen langfristig zu sichern und sich unabhängig von politisch induzierter Verknappung und steigenden Weltmarktpreisen zu machen. „Genau wie es Bergwerke an Land geben muss, wird es künftig auch Kupferminen im Meer geben. Entscheidend ist, dass wir beim Meeresbergbau nicht die Fehler wiederholen, die in der Vergangenheit an Land gemacht wurden. Wir müssen Umweltstandards entwickeln, deren Einhaltung entsprechend streng kontrolliert wird“, appellierte der Meeresgeologe.

Die Bundesregierung habe sich eben ein Fördergebiet für Manganknollen im pazifischen Ozean gesichert ( „zu unserer Überraschung haben wir vor kurzem im Atlantik Manganknollen mit dem Forschungsschiff „Sonne“ gefunden). Es gehe aber nicht nur um Mangan, es gehe auch um Schwermineralsande, Massivsulfide und Kobaltkrusten, bis hin zum Diamantenschürfen. An den Manganknollen interessiere nur Kobalt, Kupfer und Nickel, das sind lediglich 3% der Knollen, deren Wachstumsrate sei 3 mm pro Million Jahre: „Da stellt sich fast die ethische Frage, sollen wir das jetzt einfach abernten?“ Aber auch, weil es dort unten wider Erwarten Leben gibt – Herzig zeigt einen Kalmar. Eines der ökologischen Probleme sei die Sedimentaufwirbelung in 5-6.000 m Tiefe – die Ökosysteme würden durch den Abbau stark beeinträchtigt werden. Während die ISA (International Seabed Authority) in Kingston (Jamaika) für gerechte Verteilung der Meeres-Bodenschätze sorgt, gehe es für Deutschland nur um die Fläche Bayerns voller Manganknollen (insgesamt könnten allerdings 34 Mrd. t gehoben werden).

Flexibilität trotz Schwankungen

In seinem Kurzvortrag skizzierte Dirk Uwe Sauer, Professor an der RWTH Aachen, worin aus seiner Sicht die zentrale technische Herausforderung bei der Umstellung auf erneuerbare Energien besteht: Bei einem hohen Stromanteil aus Wind- und Photovoltaikanlagen müssen die wetterabhängigen Schwankungen ausgeglichen werden. „Im Normalbetrieb hängt die Versorgungssicherheit somit entscheidend von der Flexibilität des Systems ab, das heißt vom guten Zusammenspiel zwischen regelbaren Erzeugungsanlagen, innovativen Speicherlösungen und intelligenter Laststeuerung.“

Das Grundprinzip der elektrischen Energieversorgung sei: Erzeugung müsse gleich dem Verbrauch sein. Nun gehe es darum, was man mit den sogenannten Residuallasten bei Nichtausgleich mache – wie beispielsweise die positive Residuallast verwendet werde. Die könne abgefangen werden durch Netzausbau, Power-to-Heat, Power-to-Gas, Speicher, Intelligente Netze, Demand Side Management und Doppelnutzenspeicher – schließlich das Abschalten von EE-Anlagen.

Kurzfristige Flexibilität könne erreicht werden durch einerseits flexible Erzeuger, Batteriespeicher, durch Demand Side Management in Haushalten (E-Fahrzeuge, Wärme, PV-Speicher-Systeme) und Industrie. Die Dunkelflauten könne man mit flexiblen konventionellen Kraftwerken überbrücken, mit Biogaskraftwerken, Langzeitspeichern ([[H2]]) – 40-60 GW Leistung sei dafür nötig (am besten Gasturbinen, die aber teilweise selten gebraucht würden). Hohe Überschüsse aus der fluktuierenden Erzeugung müssten durch Speicherung, elektrische Wärmeerzeugung (Power-to Heat in Hybridheizsystemen), durch Power-to-X (Erzeugung von Stoffen und Gasen), schließlich die Abregelung.

Zum Thema Wirtschaftlichkeit stellte Sauer drei Szenarien vor: Eines ohne CO2-Kosten, mit CO2-Zertifikatskosten und mit CO2-Zertifikatskosten plus FEE-Überinstallation. Sauer eröffnete die Aussicht auf eine neue kostengünstige dezentrale Stromversorgung mit bidirektionalem Ausgleich. Er stellte Zentralität und Dezentralität einander gegenüber: Dezentralität liege preislich etwas höher als Zentralität, deren Kosten werden aber mit weiterem Fortschreiten geringer (das Netz müsse nicht ausgebaut werden) – dennoch  sei sie am Ende 10 % teurer. Sauers Zusammenfassung:

  • Hohe Anteile von PV und Wind führen zu hohem Flexibilitätsbedarf
  • Technologien für Flexibilität werden ausreichend und wirtschaftlich zur Verfügung stehen
  • Gasturbinen werden eine zentrale Rolle für eine gesicherte Stromversorgung spielen (mit Erdgas, Biogas, EE-Wasserstoff oder –Methan)
  • Stromerzeugung auf Basis EE wird 2050 günstiger sein als bei Weiternutzung fossiler Energieträger
  • Energieversorgung könnte stark dezentral werden

Folgt: „Dass ein unwahrscheinliches Ereignis eintritt, ist sehr wahrscheinlich.“