Unterschiedliches Echo: Ein Durchbruch ist das nicht
„Aufguss längst gemachter Zusagen“, „Preis des Nichthandelns immer größer“, „Pfeifen im Walde“, „verlogen“ – die Medienreaktionen fielen weit kritischer aus, als das Echo mancher NGO (Greenpeace, Germanwatch). Solarify dokumentiert einige Zitate.
HANDELSBLATT: Die G7-Truppe ist kein Beschlussgremium für die internationale Staatengemeinschaft. Aber sie kann zumindest Vorreiter sein und Botschaften übermitteln wie diese: Es ist Zeit, sich besser früher als später von Kohle, Öl und Gas zu verabschieden. Doch an konkreten Taten hapert es. Deutschland selbst ist längst nicht so ehrgeizig, wie von der Bundesregierung gern behauptet wird. Das zeigt schon das monatelange Gezerre um die Kohleabgabe. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat es noch nicht einmal geschafft, den Klimabeitrag ihres Energieministers und Vizekanzlers Sigmar Gabriel vor dem G7-Gipfel abzusegnen – obwohl weniger klimaschädliche [[CO2]]-Emissionen aus alten Kohlekraftwerken die Voraussetzung dafür sind, dass Deutschland seine eigenen ehrgeizigen Klimaziele einhalten kann. Der Preis des Nichthandelns wird immer größer. Gefragt sind jetzt Nachdenker, Querdenker und Tabubrecher, die den hehren G7-Absichtserklärungen Substanz geben.
DER TAGESSPIEGEL: Die Klimakanzlerin ist wieder da! So jubelte es nach dem Ende des G-7-Gipfels durchs Land. Selbst Lobbyisten von Greenpeace und Germanwatch fanden lobende Worte für das, was Angela Merkel den Staatenlenkern aus den USA, Kanada, Japan, Frankreich, Großbritannien und Italien angeblich abgerungen hatte. Bis 2050 soll der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid um 40 bis 70 Prozent gegenüber 2010 verringert werden, heißt es in dem Abschlussdokument. Langfristig soll die Wirtschaft „kohlenstoffarm“ werden, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Ein Durchbruch, wie vielfach behauptet wird, ist das nicht. Eher ein Aufguss längst gemachter Zusagen.
FLENSBURGER TAGBLATT: Auch die mächtigsten Männer der Welt und die noch mächtigere Frau Merkel sollten mit Versprechungen vorsichtig sein. Beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau haben sie sich zum x-ten Male dazu bekannt, die globale Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen. Die Klimabeschlüsse des G7-Gipfels klingen eher wie das Pfeifen im Walde als wie die radikale energiepolitische Umkehr in den großen Industriestaaten. Die Behauptung von G7-Gegnern, die die Macht nicht mehr bei der Politik sehen, sondern in den großen Konzernetagen, wird Zulauf finden, wenn es den Staatenlenkern nicht gelingt, den Inszenierungen und Absichtserklärungen Taten folgen zu lassen. Heiße Luft gibt es genug.
NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: Selbst der gute Wille bemisst sich am Betrag, am besten am Geldbetrag. Weil kaum noch jemand an die absolute Wahrheit glaubt, hält man sich an die Kostenwahrheit. Am G-7-Gipfel wurden hehre Absichten mit horrenden Summen glaubhaft gemacht. Zur Sprache kamen auch die Uno-Millenniumsziele. 189 Staaten hatten sich 2000 verpflichtet, Ernährung, Gesundheit und Bildung bis 2015 entscheidend zu verbessern. Inzwischen ist 2015, und bereits wurden in Elmau neue Ziele angekündigt. Man wünschte sich zuerst eine ehrliche Bilanz von der UNO. Dass die meisten Ziele nicht erreicht wurden, ist klar. Und auch, dass kein zwingender Zusammenhang zwischen Geldfluss und Erfolg besteht. Aber anstatt die Karten auf den Tisch zu legen, wird die Bilanz verwedelt, indem zum Beispiel bei der Analyse der Armut das Vergleichsjahr plötzlich von 2000 auf 1990 verschoben wurde, um das Ergebnis besser aussehen zu lassen. Geld allein hilft in den wenigsten Fällen. Manchmal schadet es sogar.
NRC HANDELBLAD (Amsterdam): Nun müssen die schönen Worte noch in Taten umgesetzt werden. Und dafür scheint es doch oft große Hindernisse zu geben. So sind die meisten reichen Länder kaum bereit, selbst kleine Klimaprojekte in armen Ländern zu finanzieren. Und das, obwohl es seit 2007 internationale Absprachen darüber gibt. Von den 151 Projekten, die Entwicklungsländer seit 2013 eingereicht haben, erhielten lediglich elf Geld. Insgesamt 24,5 Millionen Euro. Das zeigen Zahlen, die jetzt auf der UN-Klimakonferenz in Bonn präsentiert wurden. Wenn man es nicht einmal schafft, diese Art von kleinen Projekten zum Laufen zu bringen, warum sollte es dann gelingen, einen Fonds zu errichten, in den jährlich 100 Milliarden Dollar eingezahlt werden müssen?
Folgt: Hans-Josef Fell: Merkelscher Klimaschutzerfolg auf dem G7 Treffen?