Franziskus: „Die Sorge um das gemeinsame Zuhause“
Der Inhalt der für übermorgen (18.06.2015) geplanten Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus ist durchgesickert – ein Leak? Darin ruft das Oberhaupt der Katholiken zu entschiedenem Kampf gegen den Klimawandel auf und betont die Verantwortung der reicheren Länder. Das Durchbrechen der Sperrfrist deuten italienische Medien derweil als Intrige konservativer Kreise gegen Papst Franziskus. Der Vatikan empört sich dabei über eher Unwichtiges: „Eine abscheuliche Tat“. Einem Journalisten wurde gar die Akkreditierung entzogen.
Leak als Modernisierungsbeleg
„Der Vatikan modernisiert sich unter Papst Franziskus. Dies bringt dem Zentrum der katholischen Kirche auch eine Nebenerscheinung, die in der laizistischen Welt bereits an der Tagesordnung ist: das Leak. So wurde nun zum ersten Mal ein Rundschreiben des Papstes in grossen Teilen vorzeitig bekannt,“ kommentiert die Neue Zürcher Zeitung genüßlich.
Die jüngste päpstliche Enzyklika über den Schutz der Umwelt und die globale Erwärmung ist unerlaubterweise am 16.06.2015 im römischen L’Espresso vorgestellt worden. Es soll sich um eine erste Version der Vatikanischen Verlagsbuchhandlung, in der verschiedene Korrekturen fehlten, und die vor einigen Tagen wegen notwendiger Korrekturen eingestampft worden sei. Das bestätigte der Vatikan. Die Indiskretion sei das Werk konservativer Kräfte innerhalb und außerhalb der Kurie, schrieb La Stampa. Sie solle die Wirkung der Enzyklika schwächen und dem Ansehen des Papstes schaden. Der Corriere della Sera zitierte eine vatikanische Quelle, den Informanten gefalle die harte Kritik des Papstes an der Umweltpolitik der Industrienationen nicht.
Verantwortlicher verliert Akkreditierung
Der Vatikan hat dem Vatikan-Journalisten Sandro Magister die Akkreditierung entzogen, der die Enzyklika veröffentlicht hat. In einem öffentlich ausgehängten Brief an den teilte Vatikansprecher Federico Lombardi mit, die Onlinepublikation des Textentwurfs und der Bruch der Sperrfrist seien regelwidrig und hättem „große Unannehmlichkeiten für viele Journalistenkollegen“ sowie eine erhebliche Störung des Betriebs im vatikanischen Presseamt verursacht. Magister ist demnach mit Wirkung vom Dienstag die Zulassung zum vatikanischen Pressesaal „auf unbestimmte Zeit“ entzogen. Er hatte in jüngerer Zeit wiederholt kritische Beiträge zum Pontifikat von Franziskus veröffentlicht
In seinem 192seitigen Hirtenbrief, wie üblich nach den ersten Worten auf Italienisch „Laudato si“ (der berühmte Sonnengesang des heiligen Franziskus beginnt mit den Worten „Sei gepriesen…“) genannt, stellt sich der Papst auf die Seite derer, die den Klimawandel fürchten. Kritiker mäkeln zwar schon, „der Inhalt des 192-seitigen Entwurfs [bringt] allerdings wenig Überraschendes“ (NZZ), aber es ist die erste Enzylika mit der Umwelt- und Klimafrage als zentralem Thema. Das Dokument führt die globale Erwärmung direkt auf die Aktivitäten der Menschen und insbesondere auf die Verwendung fossiler Brennstoffe zurück. Der Papst spricht ebenso vom zunehmenden Biodiversität-Verlust nicht nur im Amazonas-Regenwald wie von den schmelzenden Eiskappen an den Polen oder dem weltweiten Rückgang der Gletscher.
Im September ist eine Rede des Papstes vor der UN-Generalversammlung in New York geplant, auf der auch die neuen globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDG) verabschiedet werden sollen.